Die Realität nach dem Spülvorgang

Abwasserreinigungsanlage ARA Olten Am vergangenen Donnerstag, 29. August wurde die Abwasserreinigungsanlage ARA Olten in Winznau nach sechsjähriger Ausbau- und Sanierungszeit mit einem offiziellen Akt und am Samstag mit einem Tag der offenen Türe eingeweiht.

Klärwerkleiter Martin Grob erklärt den geladenen Gästen auf einer Führung den Ablauf der Abwasserreinigungsanlage in Winznau. (Bild: mim)

Klärwerkleiter Martin Grob erklärt den geladenen Gästen auf einer Führung den Ablauf der Abwasserreinigungsanlage in Winznau. (Bild: mim)

Die vier SBR-Becken sind das Herzstück der Anlage und ermöglichen im Anschluss an die mechanische, eine biologische Reinigung. (Bild: mim)

Die vier SBR-Becken sind das Herzstück der Anlage und ermöglichen im Anschluss an die mechanische, eine biologische Reinigung. (Bild: mim)

Es riecht etwas streng auf dem Gelände im Winznauer Schachen. Kein Wunder, so werden in der Abwasserreinigungsanlage ARA Olten in Winznau jährlich 9 Mio. Kubikmeter Abwasser gereinigt und 260 Tonnen Material herausgefiltert. Nach der sechsjährigen Ausbau- und Sanierungsarbeit an der Anlage, die seit 1968 in Betrieb ist, konnten Mitarbeiter des Zweckverbandes Abwasser- region Olten (ZAO) am vergangenen Donnerstag, 29. August zahlreiche geladene Gäste und am Samstag die interessierte Bevölkerung durch die Anlage führen.

Von der Spüle zur Reinigung

33 km lang ist das ZAO-Hauptsammelkanalnetz, welches das Abwasser der 13 Verbands- gemeinden, zu denen auch Olten gehört, zur Abwasserreinigungsanlage nach Winznau leitet. Nach der ersten Reinigung über einen massiven Grobrechen wird das Abwasser über verschiedene Schneckenpumpen rund vier Meter zur Fein- und Grobrechenanlage hochbefördert. «Hier werden Materialien wie Tampons und Binden, die nicht im Abwasser hätten landen sollen, abgetrennt», erklärt Klärwerkleiter Martin Grob mit Nachdruck und fügt an: «In der Waschpresse wird das Material unter Druck ausgewaschen und später einer externen Abfallverbrennung zugeführt.» Das Abwasser wird weiter zum Sand- und Fettfang und das Regen-Abwasser in die Regenbecken weitergeleitet. Letzteres gelangt schliesslich teilgereinigt in den Aare-Kanal. Beim Sand- und Fettfang wird in einem Absetz- und Flotationsbecken der Sand abgepumpt, ausgewaschen und einer Deponie zugeführt. «Das sind jährlich rund 55 Tonnen», zeigt Grob auf. Das Fett pumpt eine Anlage zur Vergärung in den Faulraum. «Daraus gewinnen wir schliesslich grünen Strom», erklärt Grob. Auch in den darauffolgenden Vorklärbecken werden Materialien abgesetzt. «Bis in die 1950er-Jahre, teils sogar in die 1960er-Jahre, wurden die Abwässer vielerorts nur bis zu diesem Schritt, also mechanisch gereinigt, und danach wieder in die Gewässer geleitet», zeigt der Klärwerkleiter die seither stetige Entwicklung im Gewässerschutz auf.

SBR-Verfahren für mehr Leistung

«Die Ausbau- und Sanierungsarbeiten sind nötig gewesen, da einerseits die Anlage veraltet, aber auch keine Reserven vorhanden waren, um die künftig erhöhten Reinigungsanforderungen erfüllen zu können», erklärt der Klärwerkleiter im Anschluss an die Führung. Im Bereich der Erneuerungs- und Sanierungsarbeiten wurden im mechanischen Teil der Anlage unter anderem die Rechen und die Zentrifugen für die Schlammentwässerung ersetzt. «Die Becken wurden einer sanften Sanierung unterzogen und verschiedene sicherheitstechnische Verbesserungen vorgenommen», erzählt Grob, der seit drei Jahren beim ZAO tätig ist. Daneben, und das war der Mammutteil des Projektes, sollte die vorhandene, konventionelle Belebtschlammanlage durch ein sogenanntes «Sequencing Batch Reactor»-Verfahren (SBR) ersetzt werden. Nach einem Ideenwettbewerb und der Ausarbeitung eines Vor- und Bauprojektes durch das Ingenieurbüro TBF AG stimmte die Delegiertenversammlung schliesslich am 23. November 2011 dem Bauprojekt mit einem Bruttokredit von 24.38 Mio. Franken zu. Ab 2013 wurden während sechs Jahren in mehreren Etappen sowohl die Sanierungs- als auch die Neu- und Erweiterungsarbeiten vorgenommen. Genau das sei auch die grosse Herausforderung gewesen, erzählt Grob. «Ein Auto wird zur Reparatur in die Werkstatt gebracht. Bei uns musste der gesamte Umbau bei Normalbetrieb über die Bühne gehen.»

Das eigentliche Herzstück

Martin Grob führt die Gruppe von den verschiedenen Becken einen Weg den Büroräumlichkeiten und einem Biotop entlang. «Das Kanalsystem ist eine Todesfalle für Tiere, weshalb Ausstiegs- hilfen nach dem Zulaufkanal geschaffen wurden. Die Tiere bekommen dann ein neues Zuhause im Amphibienteich mit einem Zugang zur Aare», erklärt Grob vor dem Biotop stehend und führt die Besucher weiter über den Platz zum eigentlichen Herzstück der Anlage, zu den vier neuen Becken mit einem Fassungsvermögen von je 6’350 m³. Nachdem der mechanische Reinigungsprozess abgeschlossen wurde, pumpen vier Tauchpumpen das Abwasser zehn Meter hoch in einen Verteilschacht zur biologischen Reinigungsstufe, also zu den vier SBR-Becken. «Das Wasser durchläuft immer im selben Becken verschiedene Reinigungsprozesse, vorwiegend mit Mikroorganismen, wie Bakterien und Pilze, ohne dass es hin- und hergepumpt werden muss», zeigt Grob auf. Der Sauerstoff für die Mikroorganismen wird mittels Gebläse in die Reaktoren eingebracht. Schliesslich setzt sich auch in diesem Verfahren der Schlamm, also die Biomasse, am Boden ab. Die Reinigung ist damit abgeschlossen und das saubere Überstandswasser wird dem Aare-Kanal zugeführt. «Nein, Trinkwasser ist es leider nicht», antwortet Grob auf die Frage eines Besuchers.

Abwasserreinigung im steten Wandel

«Das SBR-Verfahren ermöglicht es uns, im Gegensatz zur bisherigen konventionellen Belebt- schlammanlage, bei hohem oder niedrigem Wasserstand konkret Einfluss zu nehmen», zeigt sich Grob vom Herzstück der ARA begeistert. Dies erfordere zwar prozesstechnisches Wissen, sei aber bei einer gewissen Anlagegrösse auf jeden Fall energetischer und verfahrenstechnisch effizienter, erklärte Grob. Obwohl der Klärwerkleiter begeistert ist von der neuen Anlage, weiss er, dass es damit nicht getan ist. «Spurenstoffe wie etwa Medikamenten- oder Hormonrückstände wirken sich sichtbar auf die Fruchtbarkeit der Fische aus. Aber auch multiresistente Keime stellen ein immer grösseres Problem dar», hält Grob fest und fügt an: «Deswegen bin ich überzeugt, dass künftig weitere Reinigungsschritte eingebaut werden müssen, damit Medikament-, Pestizid- und Hormonrückstände eliminiert und das Abwasser einer Desinfektion unterzogen werden kann.»
Auf die Frage, ob er den Geruch über der Anlage noch wahrnehme, meint Grob mit einem Schmunzeln: «Es gibt Leute, die gewöhnen sich daran und riechen es nicht mehr, ich gehöre nicht dazu.»

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