Die gute Fee im Hause Wyss

Annetta Wyss Im Hause Wyss geben sich die verschiedensten Musiker die Klinke in die Hand. Die Oltnerin Annetta Wyss erzählt von ihrem Leben zwischen Muttersein, Geld verdienen, Kulturschaffen und Agenturtätigkeit - und dies mit viel Humor, Gefühl und einem offenen Ohr für die Sorgen Anderer.

Das Energiebündel Annetta Wyss ist stets für einen Scherz zu haben. Das Porträt von ihr entstand für das Theater «Endspiel» der Dachschadengesellschaft. (Bild: mim)
Das Energiebündel Annetta Wyss ist stets für einen Scherz zu haben. Das Porträt von ihr entstand für das Theater «Endspiel» der Dachschadengesellschaft. (Bild: mim)

Als Kind habe sie Kioskfrau werden wollen, um schnellen Zugang zu ihren Lieblingscomicheften zu bekommen, erzählt Annetta Wyss schmunzelnd. Später drängte sich der Automechanikerberuf auf, da die einzige Tochter die Samstage mit ihrem Vater beim Motoren auseinanderbauen verbrachte. Als Jugendliche entdeckte sie ihre Leidenschaft für Gesang und Theater. Doch das kam für ihre Mutter nicht in Frage. «Ich bin mit einer Griechin als Mutter und einem Schweizer als Vater zwischen zwei Mentalitäten aufgewachsen», erklärt Wyss und zitiert grinsend ihre Mutter: «Frauen machen in Griechenland keine Musik.» Schliesslich absolvierte die Oltnerin eine kaufmännische Ausbildung auf der Bank. Trotzdem liess die junge Frau die Musik und Schauspielerei nicht los. «Gemeinsam mit Patrik Flück, einem Geschäftskollegen aus der Bank, und weiteren Lehrlingen präsentierten wir mit «Musical for You» einen Querschnitt durch ein breites Musicalrepertoire mit selbstgefertigten Requisiten und Kostümen. Bei der Suche nach Musikern lernte die damals 20-Jährige ihren Ehemann Roman kennen. «Und so begann die Geschichte der Familie Wyss», erzählt die 47-Jährige, die später dem Theater-Verein Dachschadengesellschaft beigetreten ist, augenzwinkernd.

«Unflexible Strukturen sind nichts für mich»

Die folgenden Jahre seien turbulent, spannend aber nicht immer einfach gewesen, erzählt Annetta Wyss. So war das junge Paar finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet. «Während Roman noch am Konservatorium seine musikalische Ausbildung absolvierte, hatte ich genug vom ober- flächlichen Bankengeschäft und hängte meinen Job an den Nagel», erzählt sie. Ausgelöst durch ihr Helfersyndrom und den Drang, andere Menschen zu fördern, entschied sich die Oltnerin für ein Praktikum bei der Heilpädagogischen Schule in Langenthal. So kam es, dass sie während eines Jahres eine Klasse als heilpädagogische Mitarbeiterin führte. Um Geld zu verdienen, kehrte Wyss zwischenzeitlich wieder in kaufmännische Tätigkeiten zurück. «Ich merkte jedoch rasch, dass diese unflexiblen Strukturen nichts für mich sind. Nachdem ich bei der Aargauischen Sprach- heilschule ASS, einem Wocheninternat in Rombach, eine Weile gearbeitet hatte, entschloss ich mich 1998, die Ausbildung zur Sozialpädagogin an der FHNW in Brugg in Angriff zu nehmen», erzählt Wyss und fügt schmunzelnd an: «Ich wäre auch angenommen worden, doch im selben Jahr kam unser Sohn Andreas zur Welt.»

Fliessendes Privat- und Berufsleben

Während dieser Zeit beschloss das Paar, um die Flexibilität zwischen Beruf und Familie zu fördern, mittels einem Anbau an das Elternhaus von Roman Wyss, das Tonstudio zu Hause einzurichten. «Heute wundere ich mich, wie es zuvor möglich war auf diesem engen Raum mit einem Flügel zwischen Bett und Sofa zu funktionieren», schmunzelt Annetta Wyss. Neben dem Muttersein kehrte sie an die ASS zurück und erledigte daneben das Backoffice für das Tonstudio. «Ich vereinbarte Plattenverträge, übernahm das Catering und versuchte Roman den Rücken freizuhalten», erzählt die Powerfrau, die auch für die im Hause Wyss ein- und ausgehenden Musiker stets ein offenes Ohr hat, lachend. 2002 wurde der zweite Sohn Luca geboren. «Diese nicht leichten Jahre, in welchen wir finanziell manchmal die letzten Rappen zusammensammelten, um Milchpulver für unsere Söhne zu kaufen, haben uns als Paar und Familie sehr zusammen- geschweisst. Rückschläge hauen uns nicht mehr so schnell um, denn irgendwo öffnet sich immer wieder eine Türe, man darf nur niemals aufgeben», betont die 47-Jährige.

Von Trauffer bis Gölä

Trotz der vielfältigen Tätigkeiten versuchte sich Wyss stets etwas Zeit für ihr Hobby, das Theaterspielen, zu nehmen. Ausserdem gehört sie mit ihrem Ehemann Roman zu den Gründungsmitgliedern der Nachtfieber-Show. Dieser ständige und jahrzehntelange Kontakt zu Musikern und Künstlern brachte die zweifache Mutter auf die Idee, eine kleine Künstleragentur aufzubauen. 2014 gründete sie die Kulturbraui, mit welcher sie heute fünf Künstler betreut. Ausserdem ist sie Tourmanagerin von «Papagallo & Gollo» und arbeitet seit Kurzem in einer anderen Agentur mit und kommt dabei in Kontakt mit Schweizer Grössen wie Trauffer und Gölä. Zudem wird sie im nächsten Jahr die Pressearbeit für Stiller Has übernehmen, bei dessen Band neu Roman Wyss und Sohn Andreas mitwirken.

Langeweile - ein Fremdwort

«Unsere Privat- und Berufsleben sind fliessend», bestätigt Annetta Wyss während sich Roman an den Küchentisch setzt, um für das Mittagessen Kartoffeln zu schälen. Luca kommt von der Schule nach Hause und deckt den Tisch. Arbeitsteilung ist im Hause Wyss Ehrensache. Und was wünscht sich Annetta Wyss für die Zukunft? «Solange wir glücklich sind und unsere Buben Boden unter den Füssen haben, damit sie im Leben bestehen können, bin ich zufrieden. Andreas wird denn auch in die Fussstapfen seines Vaters treten und Berufsmusiker werden.» Langeweile dürfte auf jeden Fall keine aufkommen im Hause Wyss.

Weitere Artikel zu «Im Fokus», die sie interessieren könnten

Im Fokus28.02.2024

Wirz-Burri – Kolonialwaren und Delikatessen am Bifangplatz

Briefgeschichten Am Bifangplatz befand sich vor rund hundert Jahren an prominenter Lage der Laden zum «Bifanghof» von Paul Wirz-Burri. Die…
Im Fokus28.02.2024

«Unsere Lieder sind Medizin für unsere Herzen»

Olten Der Gedenkanlass «Zwei Jahre Krieg in der Ukraine» in der Stadtkirche wurde von weit über 200 Personen besucht.
Im Fokus28.02.2024

Gefrässig und vermehrungsfreudig

Asiatische Hornisse Die Verbreitung der Asiatischen Hornisse bedroht einheimische Bienenvölker. Die Bevölkerung ist dazu aufgerufen, Sichtungen zu…