Die Freiheit im Wald entdecken

Waldexperiment Am vergangenen Samstag, 29. Oktober traf sich bereits zum siebten Mal eine Schar Kinder anlässlich des «Waldexperimentes» im Oltner Hardwald.

Bereit zum Gruppenfoto? «Waldexperiment!», rufen die Kinder. (Bild: mim)

Bereit zum Gruppenfoto? «Waldexperiment!», rufen die Kinder. (Bild: mim)

Zvieri im Wald: Matthias Vogel schneidet Brot zu Schoggi. (Bild: mim)

Zvieri im Wald: Matthias Vogel schneidet Brot zu Schoggi. (Bild: mim)

Robert baut das «Tipi» aus unterschiedlichen Baumstämmen. (Bild: mim)

Robert baut das «Tipi» aus unterschiedlichen Baumstämmen. (Bild: mim)

Nach der Besammlung um 14 Uhr beim Waldeingang gleich bei der Bushaltestelle Meierhof in Olten bilden die Kinder einen Kreis. Mittels Spielen wie «Lueged ned ume, de Fuchs goht ume» sorgen Matthias Vogel, soziokultureller Animator mit Weiterbildung in authentischer Naturpädagogik, und seine Kollegin Denise Heinzelmann, dipl. Kleinkindererzieherin mit Zusatzausbildung zur Naturpädagogin, für warme Füsse. Doch kalte Füsse scheinen auch in den darauffolgenden drei Stunden kein Thema zu sein. So toben die Kinder ausgelassen im Wald und suchen Holzstämme und Dreck zusammen, um ihre Häuser zu bauen.

Ein Haus im Wald

Teilweise lautstark eilen die Kinder im Alter zwischen 7 und 10 Jahren zielstrebig einen Waldweg hinunter, um links in einen noch kleineren, bewachsenen Weg einzubiegen. Am eigentlichen Besammlungsplatz angekommen, wird der Tankkanister mit Wasser auf einem Baumstrumpf platziert und schwups verteilen sich die Kinder in alle Himmelsrichtungen. Abgesehen von zwei Mädchen, die vor Ort bleiben und sich nicht sonderlich für das Hausbauprojekt zu interessieren scheinen, aber zufrieden aus Walderde ihre Becher formen. Eine sechsköpfige Mädchengruppe berät, wie hoch ab Boden sie ihr Baumhaus bauen kann. Äusserst ehrgeizige und ambitionierte Ideen beschäftigen das Mädchenteam. Doch Matthias Vogel mahnt, dass sie sich zuerst mit der Plattform beschäftigen und sich erst später mit dem weiteren Ausbau auseinandersetzen sollen. So machen sich die Mädchen gemeinsam mit dem Naturpädagogen auf, um passende Holzstämme zusammenzusuchen, als die siebenjährige Jill wütend herbeistapft, um einen defekten Plastiktopf bei den Rucksäcken auf dem Boden zu platzieren. «Abfall darf nicht im Wald liegen gelassen werden. Er schadet den Tieren, wenn sie ihn fressen», klärt mich Jill bestimmt auf. Im oberen Waldbereich befinden sich, verteilt auf mehrere Gruppen, die Buben und sammeln ebenfalls Holz für ein «Tipi» oder ein Baumhaus. Gemeinsam mit Denise Heinzelmann versucht eine Gruppe einen langen Stamm auf die Astgabelung eines Baumes zu legen, als der eine Ast bricht. Die Gruppe berät, wie es nun weitergehen soll. Ein neuer, geeigneter Baum muss her.

Reviere wurden aufgeteilt

Das Waldexperiment hat im vergangenen April begonnen und dauert bis März 2017. Insgesamt beinhaltet das Projekt 12 Samstagnachmittage und wurde vom Oltner Forstingenieur ETH/SIA Ruedi Iseli auf die Beine gestellt. Das Waldexperiment, das Kinder ermuntern soll, möglichst selbstständig und unangeleitet den Wald zu entdecken, wird von Stiftungen und weiteren Institutionen finanziell unterstützt. «Zu Beginn bildeten sich Gruppen aufgrund der Gemeinsamkeiten. Geschwister oder Schul-gspänli schlossen sich zusammen», erzählt Heinzelmann und fügt an: «Damals stand der Wald als Sinnbild für Freiheit und ermöglichte eine neue und spannende Arbeit mit Säge und Sackmesser.» Nach dem dritten Nachmittag hat eine Vermischung der Gruppen begonnen. Mit einer Ausnahme blieben jedoch die 7- bis 10-jährigen Mädchen- und Bubengruppen getrennt. «Wir stellten ausserdem fest, dass sich auch die Kulturgruppen kaum mischen, so blieb die Gruppe mit Buben aus den Herkunftsländern Sri Lanka und Indien mehrheitlich unter sich, wobei sich ein Schweizer Junge dieser Gruppe anschloss», zeigt Heinzelmann auf. Nach einigen «Revierkämpfen», die ausgefochten werden mussten, hat nun jede Gruppeihren festen Standort.

Scheitern ist erlaubt

Vor den Sommerferien habe man die Kinder sanft an die Möglichkeit herangeführt, den Waldabschnitt verändern zu können. «Erstaunlicherweise gab es nichts, was die Kinder tatsächlich verändern wollten, abgesehen vom scheinbar ureigenen Wunsch des Menschen, ein Haus zu bauen», erzählt Heinzelmann und ergänzt: «Ziel des Waldexperimentes war es nie, die Kinder in der klassischen pädagogischen Art zu steuern. Das Experiment besteht vielmehr darin, ihnen Raum zu geben, um eigene Ideen entstehen zu lassen. Zwar stehen wir ihnen bei der Umsetzung beratend zur Seite, aber wir müssen sie auch scheitern lassen.» Ein paar Richtlinien im Bezug auf Säge und Messer, im Umgang mit Pilzen und, dass alles was mitgebracht wurde, auch wieder nach Hause mitgenommen wird, gibt es aber schon. Grundsätzlich sollen aber die Kinder selbst ein Gespür für den Wald und die Umwelt entwickeln. «Ich freue mich auf die letzte Veranstaltung im März 2017, wenn wir mit der 23-köpfigen Kinderschar auf das vergangene Jahr und die erfolgte Entwicklung zurückblicken können», so Heinzelmann erfreut.

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