Der Grenzgänger

Manuel Fritschi hat seinen Beruf gewechselt, weil er Ästhetik über Zweck stellt. Und wenn er nicht auf dem Skateboard oder hinter dem Mischpult steht, findet er beim Wandern seine innere Ruhe.

Manuel Fritschi vor dem Stadthaus in Olten, wo ihn seine Liebe zur Präzision auf den Bau führte. (Bild: Franz Beidler)
Manuel Fritschi vor dem Stadthaus in Olten, wo ihn seine Liebe zur Präzision auf den Bau führte. (Bild: Franz Beidler)

Auf seinem ersten Beruf als Tiefbauzeichner arbeitete er nach der Lehre im Stadthaus in Olten keinen einzigen Tag mehr. Und das nur, weil es sein Sinn für Ästhetik nicht zuliess, dass er Vermassungsangaben auf Bauplänen auch an unüblichen Stellen anbringen musste, damit alle erforderlichen Informationen darin Platz fanden. «Diese unschönen Vermassungen machten meine ganze Arbeit zunichte», erzürnt sich Manuel Fritschi noch heute, wenn er davon erzählt. Also liess er die störenden Zahlen solange weg, bis er zu einer Praktikumswoche im Strassenbau verdonnert wurde. Dort sollte er erleben, wie wichtig vollständige Vermassungen in der Praxis sind. Fritschi ahnte damals noch nicht, dass ihm die Arbeit im Freien so gut gefallen würde. «Auf dem Bau sieht man am Abend, was man gemacht hat», erzählt er. Und so kam es, dass er nach der Lehre als Tiefbauzeichner eine Zweitlehre als Verkehrswegbauer absolvierte und an- schliessend die Vorarbeiter- sowie die Polierschule abschloss. «Für mich war klar: wenn schon auf dem Bau, dann als Polier.» Dieses Ziel hat der 29-Jährige inzwischen erreicht. Nun arbeitet er als Polier in Olten bei der STA und wohnt seit rund fünf Jahren wieder in Trimbach, wo er auch aufwuchs. In seiner Freizeit ist er oft in der Skaterhalle anzutreffen oder als DJ unterwegs. Montagabends geht er ins Kino, sonntags wandern. Seine Eltern wohnen ebenfalls in Trimbach und seine viereinhalb Jahre ältere Schwester in Olten. «Die Familie in der Region zu haben, das geniesse ich», sagt Fritschi. Obwohl die Tradition vom sonntäglichen Familienessen seit einiger Zeit nicht mehr Bestand habe, sei das Verhältnis sehr gut. «Mit meiner Schwester habe ich schon als Kind nie gestritten», sagt Fritschi. Seine Eltern hätten ihren Nachwuchs immer dafür gelobt.

Ein DJ mit Markenzeichen

Einzig bei der Auswahl des Fernsehprogramms seien er und seine Schwester früher aneinander- geraten, ausser am Mittwochnachmittag. «Weil meine Eltern damals beide arbeiteten, verbrachten meine Schwester und ich jeden Mittwoch beim Grosi», erinnert sich Fritschi. Dort hätten sie auch Sendungen wie «A-Team» oder «Mac Gywer» schauen dürfen. «Meine Eltern fanden diese Sendungen zu brutal.» Beim Grosi konnten die Geschwister ihre gemeinsame Vorliebe dafür ausleben. Heute verbringt Fritschi seine Freizeit mittwochs mit DJing. Damit angefangen hat er vor rund neun Jahren. Zu Beginn legte er nur Electro auf und bespielte damit unter anderen auch den Keller im Coq d’Or in Olten. Als dieser umgebaut wurde, fanden die Partys oben im Barbereich statt und zogen viel Laufkundschaft an. Fritschi musste sich dem neuen Publikum anpassen. «Ich befürchtete, dass die Leute davonlaufen, wenn ich nur Electro auflegen würde.» Also mischte er die Electrobeats mit Popklassikern. «Altes mit Neuem verhunzen», nennt es Fritschi. Die Mischung gefiel und wurde zu seinem Markenzeichen. Heute steht er in so ziemlich allen Ausgehlokalen in Olten regelmässig hinter dem Mischpult, das nächste Mal am Freitag, 3. August in der Schützi.

«Früher war Skaten mein Leben»

Weitaus häufiger jedoch ist er in der Skaterhalle vorzufinden. Auch wenn Fritschi selber in- zwischen nicht mehr verbissen Rollbrett fährt, trifft er sich mit seinen Skaterkollegen mehrmals pro Woche. «Früher war Skaten mein Leben, heute bin ich oft ohne Brett und nur der Leute wegen in der Halle», sagt er. Skaten erfordere viel Mut und Konzentration. «Um einen Sprung zu machen, musst du die Risiken ausblenden können, den inneren Schweinehund überwinden.» Ein Sturz könne zu einer mentalen Blockade führen. «Ich slide nicht mehr so oft», sagt er. Beim Rutschen mit dem Brett über ein Geländer sei er mit dem Rücken auf die Metallstange geknallt. Einen Moment lang fürchtete er um sein Leben. Der Schock hat sich eingebrannt und Fritschi bleibt Geländern mit seinem Skateboard seither fern. Auch hat er keine aufgeschürften und ver- schlagenen Beine mehr, wie früher, als er deswegen keine kurzen Hosen anzog. «Beim Skaten sollte man halt einfach nicht umfallen», hält er schmunzelnd fest.

Wanderer der Welten

Um zu seiner ruhigeren Seite zu finden, geht Fritschi wandern. Er verzichtet gerne auf eine durchgefeierte Samstagnacht, um sich dafür sonntags früh morgens mit seinen Wanderkollegen zu treffen. «Beim Skaten bin ich eigentlich immer angespannt, beim Wandern kann ich loslassen, da finde ich meine innere Ruhe», schwärmt Fritschi. Neben Skaten und Wandern betätigt er sich als grosser «Stars Wars»-Fan auch im Cosplay. Von seinen Cosplay-Freunden sei er derjenige mit den meisten Kostümen. Die Skater, die Wanderer und die Cosplayer bilden seine drei Freundes- kreise. «Untereinander kennen die sich aber nicht», sagt Fritschi, der sich in allen drei Gruppen gleichermassen zu Hause fühlt. Warum gerade er der Grenzgänger zwischen den verschiedenen Welten ist, hängt vermutlich auch mit seinem Lebensmotto zusammen: «Was man macht, sollte einem Freude bereiten.»

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