Der Burgfried des Kleinholz

Benjamin «Süppli» Borner Schon beim ersten Matchbesuch war Benjamin «Süppli» Borner vom Eishockey angefressen. Seither hat er nur drei Heimspiele des EHCO verpasst. Einzig sein Spitzname stammt nicht aus dem Eishockey.

Benjamin «Süppli» Borner kümmerte sich fast zwanzig Jahre lang um das Material des EHC Olten. (Bild: Franz Beidler)
Benjamin «Süppli» Borner kümmerte sich fast zwanzig Jahre lang um das Material des EHC Olten. (Bild: Franz Beidler)

Wenn Benjamin «Süppli» Borner durch das Eisstadion Kleinholz geht, kommt er ohne Handgriffe an keiner Ecke vorbei. In der Garderobe zupft er ein paar Leibchen zurecht, im Gang rückt er einen Eishockeyschläger gerade und vor der Kaffeemaschine schiebt er den Abfallkübel bündig in die Ecke. Während fast zwanzig Jahren amtete Borner als Materialwart des EHC Olten, die letzten sieben davon hauptberuflich. Mit dem Ende der vergangenen Saison ging er in den Ruhestand. Fünf Monate später sitzen die Handgriffe noch immer. Darauf angesprochen lächelt Borner verschmitzt. Während er behutsam durch seine Oltner Eishockey-Kathedrale geht, murmelt er: «Das wird man nicht so schnell los.» Dann rühmt er seinen Nachfolger, der die Arbeit gut mache und neue Ideen einbringe. Für die Übergabe ist Borner noch etwa einmal in der Woche vor Ort. Dann diskutiert er auch mit Spielern über ihr Befinden, gibt Ratschläge, wo er kann, oder hört sich die Gedanken des Sportchefs an. «Ich bin gerne das offene Ohr», sagt er. In diese Rolle sei er über die Jahre hineingewachsen. Im Kleinholz geht niemand an Borner vorbei, ohne ihn lächelnd zu begrüssen. «Säli Süppli», rufen sie ihm entgegen. Wird Borner als Klublegende tituliert, winkt er ab: «Ja, das sagen sie schon.» Dann blickt er in die Ferne und lächelt wieder verschmitzt.

Eintritt auf Lebzeiten

Zum Abschied Ende Februar bekam Borner ein Leibchen mit seinem Spitznamen «Süppli», Stadioneintritt auf Lebzeiten und einen Reisegutschein geschenkt. Er hätte das alles eingetauscht für ein besseres Resultat in seinem letzten Match als Materialwart. Im fünften Spiel der Playoff-Viertelfinals unterlag der EHC Olten zum vierten Mal dem SC Langenthal. «Ich bin schwer enttäuscht», sagt Borner. «In der Quali hatten wir die im Griff.» Den Ärger über Niederlagen seines Klubs trägt er lange mit sich herum. «Das wurmt mich», sagt er und erzählt von einem Spiel gegen den SC Bern. «Die Strafen gegen Olten waren in keiner Weise gerechtfertigt», sagt Borner mit verbitterter Stimme und meint zynisch: «Da haben wir noch oft gelacht deswegen.» Das Spiel fand im Jahr 1984 statt.

«Der EHC Olten ist meine Leidenschaft»

Borner war schon immer zuallererst ein Fan. «Der EHC Olten ist meine grosse Leidenschaft», stellt er klar. In Rickenbach aufgewachsen, war er 14 Jahre alt, als ihn Kollegen ins Oltner Kleinholz zu seinem ersten Hockeymatch mitnahmen. «Ich war sofort angefressen», erinnert sich Borner. Das Tempo, der körperliche Einsatz und die Technik des Eishockeys faszinieren ihn bis heute. Von da an stand Borner bei jedem Heimspiel des EHCO in den Rängen. «Wir standen damals immer gleich hinter der Strafbank. Auf deren Dach haben wir uns jeweils ein Fondue gekocht und Weisswein getrunken», erzählt Borner lachend. In den letzten vierzig Jahren hat er nur drei Heimspiele verpasst. «Absichtlich», hält er trotzig fest. Zu Beginn der 90er-Jahre verkaufte die Klubführung drei Stammspieler. «Eine ganze Sturmreihe, einfach weg», empört sich Borner. Also boykottierte er seinen Klub. Erst die Kollegen konnten ihn überzeugen, wieder ins Stadion zurückzukehren. «Heute verstehe ich die Wechsel», meint er dann. «Für die Spieler war das eine Chance und Eishockey ist eben auch ein Geschäft.»

Im Car zu den Auswärtsspielen

Noch keine zwanzig Jahre war Borner alt, er hatte eben seine Lehre zum Mechatroniker abgeschlossen, da begann er Carfahrten an die Auswärtsspiele der Oltner zu begleiten. «So konnte ich selber jeweils gratis mitfahren», erzählt er mit spitzbübischem Lächeln. Zum Materialwart wurde er aber erst nach der Jahrtausendwende. Roger Bühler, der damals den Posten innehatte, fragte ihn als Aushilfe für die Matches an. Borner arbeitete inzwischen als Fahrer für den Rettungsdienst des Oltner Kantonsspitals im Schichtbetrieb. «Ich konnte meine Schichten so schieben, dass ich an den Matches immer Zeit hatte», erklärt Borner. Gezögert, ob er die Aufgabe übernehmen wolle, habe er nie. «Ich wollte näher beim Team sein und mich für den EHC Olten einsetzen.» So sagte er auch sofort zu, als er vor sieben Jahren die Stelle als Materialwart ganz übernehmen konnte. Er habe wohl mehr als die vereinbarten 80 Prozent gearbeitet. «Nach Auswärtsspielen unter der Woche wurde es immer spät.» Seine Ehefrau habe ihn oft gemahnt, er solle doch nicht so viel arbeiten, erzählt Borner und lächelt wieder verschmitzt. Nun will er sich mehr Zeit nehmen, besonders auch für seine drei Enkelkinder. Oder für seinen Wohnwagen. Im Winter steht dieser in Frutigen, weil Borner gerne Ski fährt. Im Sommer fährt er ihn nach Vada in die Toskana. «Ich mag die italienische Mentalität.» Das Kleinholz vergisst er aber auch da nicht. «Wenn Spiele sind, fahre ich nicht weg.» Er werde so lange es geht im Stadion sein, wo er nur als «Süppli» bekannt ist. Der Spitzname allerdings stammt nicht aus dem Eishockey, sondern von der Fasnacht. Borner spielte Posaune in der Hägageri-Gugge, «bis ich fünfzig Jahre alt wurde.» Mit der Schnitzelbankgruppe Hägendorf kochte er vor Jahren an der Hägendorfer Kilbi Gulaschsuppe im Militärkessel. «Süppli» blieb haften. «Das ist ja total eingerissen», sagt Borner lachend. Nun sei er halt «Süppli». Blickt Borner auf seine Amtszeit beim EHCO zurück, erwähnt er nur einen Wermutstropfen: «Ich wollte den Kübel holen.» Die Playoffs gewinnen und den Aufstieg in die höchste Schweizer Spielklasse schaffen, das hätte er als Materialwart erleben wollen. Dann lächelt er verschmitzt und meint: «Es hat nicht sollen sein.»

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