Dem Leben mit Malen Tiefe verleihen

Im Gespräch Der bekannte Maler Heinz Gloor feiert bald seinen 80. Geburtstag. Dem Stadtanzeiger gewährt er Einblicke in sein Leben und spricht über seinen Willen, auch in seinem Alter offen und neugierig zu bleiben.

Malen verleiht ihm Kraft, weshalb sich Heinz Gloor jeden Tag künstlerisch ans Werk macht. (Bild: Caspar Reimer)
Malen verleiht ihm Kraft, weshalb sich Heinz Gloor jeden Tag künstlerisch ans Werk macht. (Bild: Caspar Reimer)

Heinz Gloor ist kein grosser Redner, aber über sein Leben und seine Passion spricht er gerne. «Wo soll ich anfangen?», fragt er rhetorisch zu Beginn des Gesprächs in seiner Wohnung in Wangen bei Olten. Der passionierte Maler entschliesst sich, von den ersten Schritten als bildender Künstler zu erzählen – mehr als 40 Jahre liegt diese Zeit zurück. Ein Ferienaufenthalt in der Toscana gab den Ausschlag, war Beginn vermehrter malerischer Betätigung. «Die Landschaft dort ist bei Malern und Fotografen sehr beliebt, bekannt für ihre Bildmotive», erzählt der 79-Jährige.

Nach dieser Erfahrung nahm seine künstlerische Laufbahn Fahrt auf, er suchte nach Galerien, die seine Werke ausstellen wollten, und hatte Erfolg. Allein während der 1980er-Jahre waren seine Bilder an 13 Ausstellungen, etwa in der Galerie Noodlebärg in Basel, in der alten Kirche Härkingen oder an Kunstmärkten in Zofingen und Olten zu sehen. Sein Ausstellungserfolg setzte sich bis an den Anfang des neuen Jahrhunderts fort. «Es war wahrscheinlich die beste Zeit meines Lebens», sagt er rückblickend.

Von der Natur berührt

Gloor war von Anfang an der Aquarellmalerei zugewandt – Acryl und andere Techniken kamen ab den 1990er-Jahren hinzu. Viele junge Künstlerinnen und Künstler bekundeten die Absicht, anfänglich mit Aquarell zu arbeiten, weil es einfach scheine: «Das ist aber falsch. Aquarell ist die schwierigste Technik in der Malerei», weiss Gloor, der selbst im Laufe seiner künstlerischen Laufbahn Kurse für angehende Malerinnen und Maler gegeben hat. «Ein Werk aus Aquarell muss von ersten Moment an sitzen, weil man – im Gegensatz zu Acryl oder Öl – nicht beliebig übermalen kann. Sonst wird die Farbe stumpf und tot.» Er selbst habe sich mit Aquarell von Anfang an «wohl gefühlt», orientierte sich an Vorbildern wie dem international bekannten Aquarellmaler Gottfried Salzmann aus Österreich.

Auf die Frage, welche Inspiration dem Malen zugrunde liege, zitiert er den verstorbenen Freund und Maler Günter Scholz: die Natur, sie erzähle immer. «Auch für mich ist die Natur Basis meiner Werke. Selbst abstrakte, ungegenständliche Bilder haben ihren Ausgangspunkt in der Natur.» Um neue Orte der Inspiration zu entdecken, reiste Heinz Gloor mit seiner Ehefrau Rosmarie Iseli in einem Wohnwagen durch Spanien, Frankreich und Italien. Auch Tunesien besuchte er. Während er seine Utensilien vor der Landschaft ausbreitete und malte, ging seine Frau mit dem Fotoapparat die Gegend erkunden. Rosemarie und Heinz Gloor, die seit 1972 das Leben teilen, ergänzten sich so auf ihren Reisen.

Beruf und Passion Hand in Hand

Gloor ist nicht nur ein begnadeter Maler, sondern auch pensionierter Dekorateur. In Trimbach mit drei Geschwistern aufgewachsen – sein Vater war SBB-Angestellter, wie der Sohn ein talentierter Zeichner und Maler, seine Mutter kümmerte sich um Haus und Kinder –, absolvierte der junge Gloor die Lehre als Schaufensterdekorateur, arbeitete fortan in seinem Beruf in verschiedenen Unternehmen, etwa bei Coop in Basel, wo er eine besonders intensive Zeit erlebte, oder bei Kleider Frey in Wangen. 1978 wagte er unter dem Namen «Deko Gloor» sogar den Schritt in die Selbstständigkeit. «Natürlich braucht man als Dekorateur ein gewisses künstlerisches Flair.»

Sein Interesse an Kunst einerseits, seine selbstständige Tätigkeit als Dekorateur andererseits öffneten Heinz Gloor den Zugang zu Galerien, Ausstellungsräumen und Kunstorganisationen: «Die Galerie Caffee Kipfer etwa, wo 1982 meine erste Ausstellung stattfand, kannte ich, weil ich in Bern einen Kunden hatte und wusste, dass man da ausstellen konnte. Mit der Galerie Noodlebärg in Basel verhielt es sich gleich.»

Malen in schweren Zeiten

Nach wie vor malt Heinz Gloor jeden Tag. Die dabei entwickelte Vielfalt an Techniken und Motiven ist beeindruckend. «Es gibt nicht den speziellen Gloor. Mich reizt es, immer wieder anderes zu versuchen», sagt er schmunzelnd. Zwar hat er für seine Malerei etwas weniger Platz, da er seine Kunst vom Atelier in die Wohnung verlegt hat. Der Wille jedoch, neugierig zu bleiben, sich stets zu entwickeln, halte ihn geistig wach.

Die Malerei half ihm über das vergangene Jahr, das im Zeichen gesundheitlicher Probleme stand, hinweg. Auch in dieser schweren Situation versuchte Gloor etwas Neues: «Ich malte jeden Tag ein Bild. 366 Arbeiten in acht Bänden sind so entstanden.» Die Arbeiten bestechen wieder durch eine enorme Bandbreite, sowohl atmosphärisch wie auch handwerklich. Diese Zeit habe ihn mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert: «Das geht nicht spurlos an einem vorbei. Einige sagten mir, man sähe es meinen Bildern an, sie seien dunkler geworden. Es war sicher ein Einschnitt.» Um körperlich fit zu bleiben, geht Heinz Gloor jede Woche zweimal ins Fitnesstraining: «Das mache ich schon seit Jahren. Ich möchte etwas tun gegen das Schwinden der Kräfte. Wenn man nichts macht, wird man im Alter immer schwächer. Ich quäle mich dabei nicht, mache es aber konsequent.»

Leben für die Kunst

Auf die Frage, ob von ihm, der gefühlt ein Bild aufs nächste malt, bald wieder eine Ausstellung zu erwarten sei, sagt er: «Im Moment gerade nicht.» Der Kunstmarkt sei heute ein viel schwierigeres Feld als zu seinen Hochzeiten: «Die Nachfrage nach Kunst ist kleiner, viele Galerien mussten schliessen.» Woran das liege? «Ich denke, früher hatten die Leute mehr Geld, um sich ein Original zu kaufen. Allgemein ging auch in der breiten Bevölkerung des Gefühl für gute Kunst verloren.» Früher habe ein Maler an einer Ausstellung für Tausende von Franken Bilder verkauft. Das sei heute eher die Ausnahme. «Die aktuelle Teuerung macht es noch schwieriger. Man hat kein Geld für Kunst.» Am Kunstmarkt Olten habe er während der 1980er- und 1990er-Jahren viele Bilder verkauft, heute laufe es sehr harzig.

Davon unbeirrt malt Heinz Gloor weiter – es ist das, was seinem Leben Tiefe verleiht: «Die Kunst hat das Leben meiner Frau und mir bereichert. Nicht monetär, sondern seelisch.» Am 1. Dezember feiert Heinz Gloor seinen 80. Geburtstag.

 

...und ausserdem

Diese Person möchte ich gerne mal treffen

Den Schweizer Maler Rolf Iseli, der in Bern und im Burgund lebt.

So entspanne ich mich am besten

Zeichnend in der Natur.

Dieses Verhalten ärgert mich

Intoleranz und Respektlosigkeit.

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