Das schönste «Kaff» der Schweiz

Christoph Keller trägt den Spitznamen «Stöff», zieht als Nachtwächter durch die Gassen, hat seinen ersten Computer mit Disketten «gefüttert» und ist als Einziger der Familie nicht Lehrer geworden.

Christoph Keller lebt gerne in der Stadt mit Dorfcharakter und schätzt es «zmitzt im Chueche» zu wohnen. (Bild: S. Furter)
Christoph Keller lebt gerne in der Stadt mit Dorfcharakter und schätzt es «zmitzt im Chueche» zu wohnen. (Bild: S. Furter)

In seiner Vorschulklasse sassen drei Jungen mit dem gleichen Vornamen auf den Stühlen im Kreis. «Die Erzieherin rief den einen Christoph, den zweiten Chregu und mich Stöff.» Der Spitzname als Relikt aus Kindergartenzeiten ist geblieben, noch heute nennen seine Freunde ihn so. Aufgewachsen ist der Informatiker in Rickenbach (SO) mit einer älteren Schwester, die heute als Pädagogin tätig ist, und Eltern, die beide als Lehrer arbeiteten. «Ich habe immer brav die Hausaufgaben gemacht, dann aber oft vergessen, diese in die Schule mitzunehmen», erzählt Keller, «dafür habe ich dann Strafarbeiten aufgebrummt bekommen.» Ein anderes Ereignis aus seiner Kindheit ist ein Gerangel mit seiner Schwester, das ihn die vier Schneidezähne gekostet hat. «Ich wollte eigentlich auf das Bett springen, wo sie sass, bin aber zu weit «gesegelt» und habe mir die vier Zähne an einem Radio ausgeschlagen.» Seiner Schwester Barbara sei das Ereignis so stark in Erinnerung geblieben, dass sie bis heute wisse, welcher französische Chanson damals im Radio lief. «Ansonsten hatten und haben wir aber ein sehr gutes Verhältnis und durften eine tolle Kindheit erleben.» Als Einziger der Familie ist Christoph Keller nicht Lehrer, sondern Informatiker geworden. Diese Entscheidung kommentiert er lachend: «Wenn ich einst meinen «Gspändli» etwas erklärte, haben sie es nicht besser verstanden als vorher».

Das Lachen ist der Lohn

Als gesellig, verlässlich und lustig beschreibt sich der Informatiker selbst. «Wenn jemand mich braucht, bin ich für ihn da.» In seiner Freizeit entdeckt er neue Musik, unternimmt etwas mit seinen Freunden, schaut sich Serien auf Netflix an und bereist fremde Städte und Länder. Zudem besucht er Partys und Konzerte verschiedener Musikrichtungen wie Hip-Hop, Rock oder elektronischer Musik und ist an Open-Airs anzutreffen. Wobei vor Ort zu zelten nicht mehr unbedingt sein müsse. Bei schönem Wetter kurvt er mit seiner alten Vespa herum, unternimmt Touren mit Freunden und verrät lachend: «Da darf dann durchaus mal im Zelt übernachtet werden.» An der Oltner Fasnacht ist Keller als Nachtwächter mit der gleichnamigen Zunft unterwegs. Die Sängerclique trägt Schnitzelbänke vor und nimmt dabei am liebsten lokal bekannte Personen oder Geschehnisse aufs Korn. Er entwickle und schreibe gerne Verse und geniesse es, mit den Zunftleuten unterwegs zu sein, verrät Keller. «Wenn ein Schnitzelbank gut ankommt und die Zuschauer darüber lachen, ist das der grösste Lohn.»

Telefonie und Internet

Christoph Keller ist kein Digital Native, obwohl er sich beruflich mit technischen Geräten beschäftigt. Zum ersten Mal in Kontakt mit einem Computer kam er während seiner Lehre bei der EAO in Olten als Elektroniker. «Mein erster PC war ein C64 und musste noch mit Disketten «gefüttert» werden.» Und in den Anfängen des Internets musste er sich mit dem Telefonhörer an einem Adapter ins Internet einwählen. «Diese Dinge kennt die Generation nach mir oft nur noch aus Erzählungen, so rasant hat sich der technische Bereich in den letzten Jahren entwickelt.» Das Smartphone lenke viele Menschen ab und verändere das gesellschaftliche Zusammenleben stark, meint er kritisch, jedoch würden die Vorteile der Technologie klar überwiegen. «Informationen jeglicher Art sind viel einfacher zu beschaffen. Früher musste jemand aus einer öffentlichen Telefonzelle anrufen, wenn er sich verspätet hatte, heute kann er dies mit einer Textnachricht innert Sekunden erledigen.» Bei der Oltner MySign AG ist der Informatiker für die IT-Infrastruktur zuständig, installiert und administriert Server und andere technische Geräte. «Mein Job ist einmalig. In der Firma habe ich einen breiten Aufgabenbereich und neben der eher trockenen technischen Materie betreue ich auch Mitarbeitende sowie unsere Kunden in technischen Belangen.»

Gegen die Vorurteile

Wenn ihn jemand fragt, woher er komme, antworte er: «Aus dem schönsten Kaff der Schweiz.» Der 42-Jährige lebt gerne in der Dreitannenstadt, ist viel mit seinen Freunden unterwegs, schaut sich ab und zu die Spiele des Eishockeyclubs Olten an und bezeichnet sich selbst als Lokalpatriot. «Für die Beziehung zu einer Frau würde ich nur ungern den Wohnort wechseln und lieber hier mit ihr zusammenleben.» Die Liedzeile im Song «Olten» von Mundartmusiker «Kunz» singt er deshalb so: «Für mich muesch du of Oute zieh.» Ihn nervt es, wenn Leute denken, dass die Dreitannen- stadt zum Kanton Aargau gehört oder Olten als hässlich bezeichnen, obwohl sie nur den Bahnhof kennen. «Es gibt viele Vorurteile gegenüber der Stadt, wovon die meisten nicht stimmen. Aber gerade deswegen sind viele Oltner stolz auf ihr Zuhause, weil sie dem etwas entgegensetzen wollen.» Er selbst mag das vielfältige kulturelle Angebot und die hohe Dichte an Kaffees, Bars und guten Restaurants. Für die Zukunft wünscht er sich, dass die Stadt Olten ihre optimale Verkehrs- anbindung nützt, damit sich innovative Firmen in der Eisenbahnerstadt niederlassen, die Innen- stadt ein Parkleitsystem erhält und der EHC Olten konstant in der National League spielt.

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