«Bin fast jeden Tag in der Werkstatt»
Mein Hobby Der 78-jährige Däniker Roland Marrer schreinert in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne. Vor allem Holzspielzeuge haben es ihm angetan. Der gelernte Schlosser hatte lange Jahre ein Haushaltgerätegeschäft geführt.
«Holz ist einfach ein schönes, warmes Material. Sehr angenehm anzufassen – im Gegensatz zu all dem Plastikzeug, das es gibt. Als ich mal in einem Baumarkt war und dort Holzbrett um Holzbrett aus dem Regal zog und genau musterte, stand plötzlich ein Mann neben mir und fragte mich: ‹Suchen Sie etwas Bestimmtes?› Ich antwortete: ‹Ja, ein Brett, das mich anschaut.› Er blickte mich schräg an. Dann zeigte ich ihm ein Brett mit zwei ‹Chnörz› drin. ‹Das gibt die Augen eines Katzenkopfes›, erklärte ich. Erst dann verstand er mich.
Ich arbeite mit verschiedenen Holzarten. Das ergibt unterschiedliche Farben, bringt Abwechslung. Mit Holz gebastelt habe ich immer schon. Bereits als Bub. Meine Eltern meinten denn auch, ich solle Schreiner lernen. Ich aber wollte meine Schuhe nicht immer voller Sägemehl haben. So machte ich eine Lehre als Schlosser. Das war auch gut. Aber in meiner Freizeit bastelte ich immer ein wenig mit Holz. So entschied ich mich, nach meiner Pensionierung vermehrt Zeit in dieses Hobby zu stecken und mit meinen Produkten auch Weihnachtsmärkte zu besuchen. Ich erwarb diverse Maschinen – fast ausschliesslich Occasionen: Hobelmaschinen, verschiedene Fräsen. Es hat sich einiges angesammelt.
Früher fertigte ich zum Beispiel Nachttische, eine ‹Bäbistube› oder als Bub auch mal eine ‹Schneeschneuze› an. An letztere erinnere ich mich genau. Als ich die Elemente zusammennageln wollte, brachte ich die Nägel kaum ins Holz rein. Mein Vater reichte mir einen Holzhammer, den er von seinem Geschäft ausgeliehen hatte. Mit diesem Hammer schlug ich also die Nägel ein – und hatte am Ende eine Zwei auf dem Rücken. Der Hammer war kaputt gegangen. Und es war ja nicht Vaters Hammer gewesen.
Seit meiner Pensionierung stelle ich hauptsächlich Spielzeuge her. Das ist oft eine ‹Chnübliarbeit›. Ich brauche schon eine Herausforderung. Einfach nur gerade Latten herzustellen, das ist ja langweilig! Und ich will etwas machen, das nicht viele andere machen. Zudem: Wenn ich Weihnachtsmärkte besuche, will ich dort natürlich auch etwas verkaufen können. Ich habe in den letzten Jahren meist an zwei Märkten im Aargau teilgenommen. Wenn man in der Vorweihnachtszeit zwei Märkte besucht, reicht einem das, denn das ist ziemlich anstrengend.
Viele Spielzeuge mache ich auch auf Bestellung. Aber auch sonstige Wünsche erfülle ich, Möbel zum Beispiel. Es kennen mich inzwischen viele Leute. Die fragen mich jeweils, ob ich ihnen dieses oder jenes herstellen könnte. Interessant finde ich vor allem Sachen, die ich noch nie gemacht habe. Die investierte Zeit darf ich natürlich nicht rechnen, sonst wären die Preise viel zu hoch. Aber ich mache es ja nicht zum Geldverdienen... Aufgeschrieben, wie viel Zeit ich für mein Hobby investiere, habe ich nie. Man würde verrückt, wenn man auf einen Stundenlohn von 50 Rappen käme!
Es kommt vor, dass ich mal eine Serie mit ähnlichen Motiven mache. Aber genau das gleiche darf es nie sein. Alle Stücke sind Unikate. Inspirationen für neue Motive sehe ich immer wieder. Und wenn ich dann mal an der Arbeit bin, kann ich nicht mehr aufhören, bis das Werk beendet ist. Ich bin nicht sehr geduldig und schaffe es nicht, die Arbeit auf morgen zu verschieben. Meine Frau hat mich auch schon um 1 Uhr mittags angerufen und gefragt, ob ich denn nicht zum Mittagessen heimkommen wolle. Wenn man an einem kniffligen Problem arbeitet, vergisst man die Zeit.
Ich frage mich immer: Wie würde es der Schreiner machen? Nicht selten muss ich fürs Zusammenleimen komplizierter Teile eigens eine Vorrichtung erstellen. Irgendwie geht’s immer. Ich mache alles allein, ohne Hilfe. Kürzlich hatte ich die Idee, ich könnte einen ‹Nüsslispender› aus Holz herstellen, mit einer Röhre aus Plexiglas. Ich nahm ihn mit an einen Markt. Da kam ein Mann auf mich zu und kaufte ihn. Einige Zeit später rief er mich an und fragte mich, ob ich ihm noch einen liefern könnte. Also machte ich noch einen und brachte ihn. Er sagte mir, dass er selbst versucht habe, einen herzustellen, aber gescheitert sei. Das sind Erlebnisse, die einen aufstellen.
Holz habe ich immer genug vorrätig. Ein Zimmermann aus Obergösgen stellt mir Restholz zur Verfügung. Am liebsten arbeite ich mit hartem Holz. Damit lässt sich am besten drechseln. Hartes Holz ist viel einfacher zum Bearbeiten als zum Beispiel Tannen- oder Fichtenholz. So verwende ich vor allem Buchen-, Eichen-, Kirschen-, Kastanien- oder Apfelholz. Das sind harte und kurzfaserige Hölzer.
Nach dem Pensionsantritt bin ich gleich richtig durchgestartet. Nun, nach Corona, ist es etwas weniger geworden. Aber ich bin noch immer fast jeden Tag in der Werkstatt. Meine Frau ist nicht sauer, dass ich viel Zeit in der Werkstatt verbringe… So steht man sich gegenseitig nicht auf die Füsse. Wenn das Wetter schön ist, sollte ich manchmal mit ihr spazieren gehen – da muss ich ihr halt vielleicht mal sagen, dass ich nun keine Zeit habe, da es in der Werkstatt was zu reparieren gibt.»