Am Übergang von der Schlosserei zur Autoreparatur

Briefgeschichten Aus kleinen Anfängen als Autowerkstätte im Souterrain des Oltner Hotels «Aarhof» entstand die prosperierende Byfang-Autogarage von Hieronymus Born.

Absenderin war die Peter & Co. AG, Adressatin die Firma Widmer & Born. (Bilder: ZVG)

Absenderin war die Peter & Co. AG, Adressatin die Firma Widmer & Born. (Bilder: ZVG)

Inserat der Ford-Garage Byfang von Hieronymus Born.

Inserat der Ford-Garage Byfang von Hieronymus Born.

Inserat der Garage Widmer an der Baslerstrasse. (Bilder: ZVG)

Inserat der Garage Widmer an der Baslerstrasse. (Bilder: ZVG)

Im Souterrain des Hotels Aarhof befand sich die Werkstätte von Widmer & Born.

Im Souterrain des Hotels Aarhof befand sich die Werkstätte von Widmer & Born.

Die «Roaring Twenties», die wilden zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts, waren auch im Geschäftsleben bewegt. Der Vater von Theodor Widmer war noch Drechslermeister und betrieb eine mechanische Holzwerkstatt an der Marktgasse 25 innerhalb der alten Stadtmauern von Olten. Um Theodor Widmer handelt es sich nämlich bei dem einen der zwei Adressaten, welche nur mit dem Familiennamen vermerkt sind. Der andere auf dem Briefumschlag genannte Empfänger ist Hieronymus Born. Gemeinsam betrieben sie 1924 eine Autowerkstätte.

Theodor Widmer wurde 1895 als Sohn der Karolina und des Theodor Widmer-Baumann geboren. Er absolvierte eine Lehre als Mechaniker. Anfang der zwanziger Jahre 1921 tat er sich mit seinem Schulkameraden Hieronymus Born zu einer Kollektivgesellschaft zusammen, um ein eigenes Unternehmen zu gründen. Der Zweck der Firma bestand im «Handel mit Automobilen [sowie] Garage und Reparaturwerkstätte für Automobile». Ihre Werkstatt richteten sie im Souterrain des Hotels «Aarhof» ein, das sich damals an der Froburgstrasse 4 (heute Baloise Bank SoBa) befand.

Die beiden Compagnons waren gleich alt. Wie Widmer war Hieronymus Born Jahrgang 1895, hingegen wuchs er auf der andern Stadtseite auf. Der Beruf seines Vaters, ebenfalls Hieronymus mit Namen, wird mit Händler und konkret mit Lumpensammler angegeben; das war durchaus ein ehrenwertes Gewerbe und insofern rentabel, als Born ein Haus an der Rosengasse 22 samt Magazin besitzen konnte.

Allerdings verstarb Vater Born, als klein Hieronymus erst dreijährig war. So wuchs «Rony» in der Obhut seiner Mutter Julia, geborene Kissling, und ihrem zweiten Lebenspartner Johann Häfliger auf. Nach der Bezirksschule machte er eine Lehre als Schlosser bei der Oltner Maschinenfabrik Giroud. Daran schloss Hieronymus Wanderjahre an. Er arbeitete in Mannheim, darauf bei der Motorwagenfabrik Arbenz in Albisrieden bei Zürich und schliesslich in Genf; dort war er eventuell bei der renommierten Autofirma Ateliers Piccard-Pictet & Cie. angestellt. Diese ging Ende 1920 Konkurs. Das war wohl der Grund, warum Hieronymus Born Anfang 1921 nach Olten zurückkehrte und sich selbständig machte. Anfänglich betrieb er die Garage zusammen mit seinem Schulfreund Theodor Widmer an der Baslerstrasse, dann unten im Aarhof. Als dort ihr Platz von der Solothurner Kantonalbank zur Erweiterung des Bankgebäudes beansprucht wurde, verlegten sie die Autowerkstätte in einen Neubau an der Ecke Florastrasse / Unterführungsstrasse am Bifangplatz.

Neuanfang am Bifangplatz

Die neuen Gebäude an der Florastrasse boten deutlich mehr Platz und waren an der Ausfallstrasse nach Aarau ideal gelegen. Doch schon nach zwei Jahren trennten sich die Geschäftspartner Theodor Widmer und Hieronymus Born. Widmer eröffnete eine eigene Garage an der Baslerstrasse 86. Neben der Reparaturwerkstätte und dem Benzinverkauf forcierte Hieronymus Born den Autohandel, indem er die offizielle Ford-Vertretung übernahm. Aus gesundheitlichen Gründen verkaufte Born die Byfang-Garage Anfang Oktober 1935 an Gustav Pilloud, behielt aber den Benzin- und Ölverkauf bis zu seiner Pensionierung 1962.

Wie die Briefumschläge zeigen, reparierten Widmer und Born schon Autos der Marke «Ford», bevor sie die offizielle Ford-Vertretung übernehmen konnten. Was genau sie an (zerbrechlichen) Ersatzteilen bei der Maschinenfabrik Konrad Peter & Cie. AG bezogen, bleibt im Dunkeln. Die Firma Konrad Peter wurde 1893 als mechanische Werkstätte in Liestal gegründet. Sie war unter anderem spezialisiert auf Backöfen. Nach dem Tod des Unternehmensgründers 1923 übernahm Sohn Hans Peter, der als Garagist firmierte, das Geschäft und eröffnete eine Filiale in Solothurn. Ein Jahr später war Hans Peter als Verwaltungsrat massgeblich beteiligt an der Basler Firma Autavia, einer der ersten Ford-Importeure. Als Hieronymus Born offizieller Ford-Vertreter wurde, konnte er die Autos und Ersatzteile von der Importfirma direkt beziehen.

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