Air-Mail von einem Oltner in Dakar

Briefgeschichten Der in Olten aufgewachsene, sehr flugbegeisterte Willy Studer hatte eine Stelle am bedeutenden Zwischenlandeflugplatz im westafrikanischen Dakar angenommen und wollte eigentlich bloss für einen Urlaub nach Hause zurückkommen, als er in seiner Heimatstadt abstürzte.

Das vom Eidgenössischen Luftamt ausgestellte Flug-Brevet von Willy Studer. (Bilder: ZVG)

Das vom Eidgenössischen Luftamt ausgestellte Flug-Brevet von Willy Studer. (Bilder: ZVG)

Das Wrack des Auster-Kleinflugzeugs an der Absturzstelle beim Bifangplatz.

Das Wrack des Auster-Kleinflugzeugs an der Absturzstelle beim Bifangplatz.

Vorder- und Rückseite des Luftpost-Briefcouverts von Willy Studer, Dakar, an seine Eltern an der Feigelstrasse in Olten vom 12. November 1948 mit Briefmarken von Französisch-Westafrika.

Vorder- und Rückseite des Luftpost-Briefcouverts von Willy Studer, Dakar, an seine Eltern an der Feigelstrasse in Olten vom 12. November 1948 mit Briefmarken von Französisch-Westafrika.

Als nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das Reisen wieder möglich wurde, standen auch für Willy Studer die Tore zur Welt offen. 1947 konnte er eine Stelle am Flughafen von Dakar antreten, damals Hauptstadt von Französisch-Westafrika. Der an der äussersten Westspitze Afrikas gelegene, erst 1944 eröffnete Flugplatz Dakar-Yoff spielte im Luftverkehr eine wichtige Rolle. Hier mussten die Piloten zwischenlanden, um ihre Maschine vor dem Atlantikflug nach Südamerika nochmals aufzutanken.

Studers frühe Flugbegeisterung

Willy Walter Studer, geboren am 8. Dezember 1926, wuchs an der Feigelstrasse 46 in Olten auf. Nach einem Welschlandjahr in Estavayer-le-Lac absolvierte er eine Banklehre bei der Solothurner Handelsbank und arbeitete anschliessend zwei Jahre in Zürich.

Die Flugbegeisterung Studers zeigte sich früh. Schon am 28. Mai 1942 erhielt der Sechzehnjährige den Lernausweis, die «Pilotenschülerkarte». Den Militärdienst leistete er bei der Fliegertruppe, allerdings als Motorfahrer im Stab des 4. Regiments. Seine fliegerische Ausbildung erwarb er in Spreitenbach an der Pilotenschule des ehemaligen Chefpiloten der Ad Astra, Alfred Comte, sowie an der Sportfliegerschule Bern. Am 7. Mai 1947 erhielt er schliesslich das Brevet I für Tourismusflugzeuge mit der Qualifikation «gut bis sehr gut», nachdem er die theoretische Prüfung wegen ungenügenden Kenntnissen hatte wiederholen müssen.

Anschliessend verreiste Willy Studer nach Dakar in der französischen Kolonie Senegal und übernahm dort einen Posten bei den British South American Airways. Ursprünglich gab es drei britische Fluggesellschaften, die British Overseas Airways Corporation (BOAC) für Überseeflüge, die British European Airways (BEA) für innereuropäische Flüge und die British South American Airways (BSAA) für Südamerikaflüge. Die BSAA bediente eine reguläre Fluglinie von London nach Rio de Janeiro mit Zwischenlandungen in Lissabon, Dakar und Natal (Brasilien). Der Chief Executive der BSAA, Donald Bennett, war mit einer Schweizerin, Elsa «Ly» Gubler, verheiratet. Allerdings wäre es ein Riesenzufall gewesen, wenn Studer ihr begegnet wäre.

Was genau für eine Funktion Willy Studer in Dakar ausübte, ist unklar. Die westafrikanische Stadt mit damals 130000 Einwohnern verfügte nur über eine rudimentäre Fliegerei-Infrastruktur. Willy Studer hielt die Kontakte in die Schweiz aufrecht. Unter anderem schrieb er dem Eidgenössischen Luftamt nach Bern wegen des Leichtflugzeugs Stimson Typ 105, das er in Dakar gekauft hatte. Und offenbar auch seinen Eltern, wie der Luftpostbrief zeigt.

Flugunfall am Bifangplatz

Der Oltner Stadtpolizist Camille Husy war am Sonntag, 2. Juli 1950, kurz vor Mittag auf dem Weg in sein Heim an der Florastrasse 4, als ihm jemand noch eine Warnung zurief – schon schlug bloss drei Meter neben ihm ein Sportflugzeug auf. Pilot der Unglücksmaschine war Willy Studer.

Der 24-jährige Willy Studer weilte damals auf Heimaturlaub in Olten. Am erwähnten Julisonntag charterte Willi Studer bei der Sektion Olten des schweizerischen Aero-Clubs (AeCO) ein Kleinflugzeug des britischen Herstellers Auster Aircraft. Der AeCO hatte diesen Dreiplätzer erst kurz davor erworben.

Um etwa 11.15 Uhr startete Studer mit der Maschine HB-EOH vom Flugfeld im Gheid. Mit an Bord waren seine Freunde Lilly und René Bitterli-Wyss, die er zu einem Rundflug eingeladen hatte. Nach dem Abheben zog Studer den Flugapparat auf eine Höhe von rund 350 Meter, drehte einige Schleifen über Olten und steuerte den Meisenhard an, um seinen Passagieren die Häuser einiger ihrer Freunde von oben zu zeigen. Dabei flog er die Kurve zu eng, so dass das Flugzeug ins Trudeln geriet. Studer vermochte es nicht mehr zu kontrollieren. Nach vier Vrillen abwärts zerschellte es auf dem Trottoir der Unterführungstrasse. Die Maschine erlitt Totalschaden, Pilot und Passagiere überlebten nicht. Doch wenigstens kam von den Passanten auf dem belebten Bifangplatz niemand zu Schaden.

Quellen: Bundesarchiv Bern; Stadtarchive Bern, Olten, Zürich.

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