«Wir wollen mit gängigen Klischees aufräumen»
Fachstelle Lysistrada Am 14. und 15. November lädt die Fachstelle Lysistrada zu zwei Filmabenden rund um Prostitution und Lust im Alter ein. Wie diese helfen sollen, Vorurteile gegenüber Sexarbeitenden abzubauen, erklärte Vorstandsmitglied Fiona Gunst.
Demütigung, Missbrauch, Zwang, Unterdrückung: Das sind nur einige Begriffe, die oft im gleichen Atemzug mit Prostitution genannt werden. Ein völlig verfälschtes Bild, meint die Oltner Fachstelle Lysistrada. Der Verein versteht sich seit 17 Jahren als «Anwalt» für Sexarbeitende im Kanton Solothurn und setzt sich in ihrem Namen für verbesserte Lebens- und Arbeitsbedingungen ein.
Heterogene Gruppe
Dazu gehört laut Vorstandsmitglied Fiona Gunst auch, mit gesellschaftlichen Vorurteilen aufzuräumen. «Nur zirka zehn Prozent der maximal 2’000 Sexarbeitenden im Kanton Solothurn entsprechen den gängigen Klischees und werden unterdrückt oder zur Sexarbeit gezwungen. Die Mehrheit der Frauen, Transgender oder Männer haben sich freiwillig und aufgrund von ganz unterschiedlichen Gründen für dieses Gewerbe entschieden», erklärt Gunst. Generell gebe es nicht «die» typische Sexarbeitende. «Das ist eine äusserst heterogene Gruppe.»
Vergessene Mehrheit
90 % der Sexarbeitenden würden daher in den Medien nicht genügend repräsentiert werden und gerieten oftmals in Vergessenheit. So seien auch bei der Formulierung des kantonalen Wirtschaftsgesetzes, welches seit Januar 2016 in Kraft ist, die Bedürfnisse von ihnen nicht berücksichtigt worden. «Prostituierte etwa, die selbstständig und selbstbestimmt in kleinen Salons arbeiten, müssen nun einen komplizierten Bewilligungsprozess durchlaufen. Dadurch wird ihnen verunmöglicht, ihr Gewerbe weiterhin anonym und diskret auszuüben. Im schlimmsten Fall werden sie, weil sie die Dokumente für die Bewilligung nicht auftreiben können, durch das Gesetz gar in die Illegalität getrieben», so Gunst.
Aufsuchende Arbeit in Etablissements
Das Gesetz sorgte generell für Verunsicherung. Sowohl aufseiten der Prostituierten als auch der Etablissement-Besitzer. «Genau in solchen Situationen bieten wir beratende Hilfestellungen - für beide Parteien», so Gunst. Denn die Sozialarbeiterinnen von Lysistrada suchen nicht nur einmal wöchentlich den Oltner Strassenstrich auf, sondern besuchen auch viermal pro Jahr jedes Etablissement im Kanton. «Zu den meisten Etablissement haben wir einen guten Zugang. Schliesslich übernehmen wir keine Kontrollfunktion. Unsere Aufgabe ist es zu beraten und die Sexarbeitenden in ihrer aktuellen Situation zu unterstützen», erklärt Fiona Gunst. Gerne würde die Fachstelle die jeweiligen Etablissements öfter aufsuchen, um eine vertrautere Beziehung zu den Angestellten aufzubauen. Doch dazu fehlte bislang die zeitliche Kapazität. «Aufgrund des Wirtschaftsgesetzes mussten einige Betriebe schliessen. Dadurch sind eventuell regelmässigere Besuche in Zukunft möglich.»
Differenzierte Filme über Sexarbeit
Um auch ihrer aufklärenden Rolle gerecht zu werden und mit gesellschaftlichen Klischees aufzuräumen, veranstaltet die Fachstelle Lysistrada zudem jährliche Filmabende im Kino Lichtspiele. In diesem Herbst wird am Dienstag, 14. November der Dokumentarfilm «Frauenzimmer» gezeigt, der das Leben von drei älteren Prostituierten in Berlin thematisiert. «Der Film zeigt differenziert und ohne die übliche Skandalisierung den beinahe «bünzligen» Alltag dieser Sexarbeiterinnen», erklärt Gunst. Am Mittwoch, 15. November folgt der Spielfilm «Elles - Das Bessere Leben». Auch hier werden gängige Klischees aufgebrochen und die Opferrolle, in welche Prostituierte gedrückt werden, hinterfragt. «Durch die Filmabende wollen wir einen anderen Blickwinkel auf das Thema Sexarbeit ermöglichen», schliesst Fiona Gunst.
Kino Lichtspiele
Di, 14. Nov., 20.30 Uhr: «Frauenzimmer»
Mi, 15. Nov., 20.30 Uhr:
«Elles - Das bessere Leben»
www.lysistrada.ch