Wenn nur der Moment zählt
Wartenfelsschützen Lostorf Im Schiessstand sind sie zuhause: Die Wartenfelsschützen Lostorf blicken auf eine schon bald 150-jährige Geschichte zurück. Vereinspräsident Alfred Burkhalter erzählt vom Reiz des Schiessens – und welche Herausforderungen der Verein zu meistern hat.
Mouche, Kleinkaliber, Kimme, Korn, Druckpunkt: Fachbegriffe, die für den Präsidenten der Wartenfelsschützen, Alfred Burkhalter, längst keine Fremdwörter mehr sind. Seit 31 Jahren ist er Präsident des Lostorfer Schützenvereins und hat hier auch einiges erlebt. Beispielsweise den Umbau des Schützenhauses vor gut 20 Jahren. Vor dem Umbau sei es mit dem Platz langsam, aber sicher knapp geworden. «Hätten wir unser Zuhause nicht erweitern können, hätten wir eine neue Lokalität suchen müssen», erklärt Burkhalter.
Umso stolzer führt der Vereinspräsident durch die im Jahre 2001 umgebauten Räumlichkeiten des Schützenhauses, zeigt die Schiessstände und führt schliesslich in den Gemeinschaftssaal samt Küche, der an Privatpersonen, Firmen und andere Vereine vermietet wird. Hier haben gemäss Burkhalter bis zu 70 Personen Platz. «Vor der Pandemie vermieteten wir den Saal innerhalb von einem Jahr an 40 verschiedene Leute und Gruppen», sagt der Pensionierte. Die Nachfrage sei seit der Pandemie deutlich zurückgegangen.
Eine jahrhundertalte Tradition
Während der Hochsaison von Corona sorgte sich Burkhalter darum, dass es in dieser Zeit plötzlich viele Austritte geben könnte. Doch die Mitgliederanzahl blieb stabil, es gab keinen einzigen Abgang. «Wir verzeichnen immer noch unsere seit zwei bis drei Jahren konstanten 40 Aktivmitglieder, darunter drei Frauen», fügt der gebürtige Emmentaler an. Das mache ihn stolz.
Stolz und vor allem lang ist auch die Geschichte, auf welche die Schützen zurückblicken können. Als offizielles Gründungsdatum gilt heute das Jahr 1974. Denn damals schlossen sich die vier Lostorfer Schützengesellschaften zu den «Wartenfelsschützen Lostorf» zusammen. 1908 wurde der Scheibenstand am heutigen Ort, auf dem Giesshübel, erbaut – damals mit noch acht Scheiben. Im Jahre 1991 folgte dann der Einbau von zehn elektronischen Scheiben mit Polytronic. Das Schützenhaus, in das der Verein bis heute einquartiert ist, wurde im Jahr 1934 erbaut.
Der erste von vier Jungschützenkursen kann bereits mit 15 Jahren abgeschlossen werden. Um einen Jungschützenleiterkurs zu absolvieren, müssen Anwärter hingegen die Rekrutenschule abschliessen. Junge, die sich für den Schiesssport begeistern, fänden ihren Weg zwar in den Verein. Doch sobald es darum gehe, die etwas ältere Generation abzulösen und zum Beispiel ein Mandat im Vorstand zu übernehmen, fehle bei den Jungen die Motivation.
Ausserdem mangle es heutzutage häufig auch an der Zeit. «Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben heute andere Interessen und bauen vor allem auf Spontanität, die sie in einem Vereinsleben nicht finden», beobachtet der Familienvater. Als Beispiel nennt er zwei Jungschützen, die vor noch nicht allzu langer Zeit dem Verein beigetreten sind und bei der Polizei arbeiten. «Die haben so unregelmässige Arbeitszeiten, dass sie eine Teilnahme an einem Schiessen oder an einem Anlass nicht vorausplanen können», führt Burkhalter aus. Trotzdem führt der Verein jedes Jahr einen Jungschützenkurs mit zirka zehn Jungschützinnen und Jungschützen durch.
«Wir wollen viel zusammen machen»
Wie viele andere Vereine haben also auch die Wartenfelsschützen Mühe, Nachwuchs zu finden. Das sei ein Grund, weshalb der gesellschaftliche Aspekt im Verein nicht zu kurz kommen dürfe. Der Verein unternimmt durch das Jahr hindurch Ausflüge, darunter fallen auch spezielle Events wie die Teilnahme an einem eidgenössischen Schützenfest. Zudem messen sich die aktiven Mitglieder dieses Jahr an 40 Schiesswettkämpfen in der ganzen Schweiz. «Solche Events schweissen zusammen. Nicht zuletzt, da wir auch schon mit dem Car an Schützenfeste mit der Familie anreisten. Während die Schützen das Programm schossen, unterhielten sich die anderen Familienmitglieder beispielsweise während einer Schifffahrt», erklärt der 71-Jährige. Wenn noch mehr ginge und alle Mitglieder auch wirklich die Zeit hätten, würden die Wartenfelsschützen für den Zusammenhalt noch mehr unternehmen. Dazu sagt Burkhalter: «Wir wollen viel zusammen machen.»
Die Finanzen allerdings seien im Lot, auch wenn die Anzahl der Raumvermietungen im Vergleich zu vor der Pandemie gesunken seien. Mitverantwortlich für den Erfolg der Geldbörse sind hauptsächlich Sponsoren und Werbepartner, für die der Verein im Schützenhaus aktiv wirbt. Mit 30 Franken pro Jahr an Mitgliederbeiträgen gehöre der Verein zu den kulanteren, wie Burkhalter meint. Er fügt an: «Nur mit den Mitgliederbeiträgen kämen wir nirgendwohin.» Ein Zustupf für die Vereinskasse gebe es auch mit Festwirtschaften, beispielsweise am Wartenfelsschiessen diesen August. «Wir bieten am 45. Wartenfelsschiessen neben dem offiziellen Schiessen auch Grilladen und ein Menü an», kommentiert der ehemalige Werkstattchef. Das Wartenfelsschiessen findet am 5. und 6. sowie am 12. und 13. August statt. Beim obligatorischen Bundesprogramm, welches der Verein an drei Schiesstagen durchführt, nehmen laut Burkhalter jährlich zwischen 100 und 120 Personen teil.
Auf die Frage hin, was den Schiesssport so reizvoll mache, antwortet Burkhalter: «Es ist der Moment, wenn du da liegst, die Ohrenschützer jegliches Geräusch dämmen und du dich auf die Scheibe konzentrierst. In diesem Moment blendest du alles andere aus.» Wenn man dann als Schütze noch eine gute Punktzahl erreiche, sei das ein so euphorisches Gefühl, als wenn ein Fussballer ein Tor erzielen würde.
Bei all den Waffen und der ganzen Munition ist der Sicherheitsaspekt an erster Stelle. Jeder Schuss, den die Schützen auf die Scheiben schiessen, wird kontrolliert. Beim Verlassen der Schiessscharte wird zudem geprüft, dass niemand Munition mitnimmt. «Es geht keine Munition mit nach Hause», sagt Burkhalter bestimmt. Er persönlich sieht das aktuelle Waffengesetz in der Schweiz als streng genug, bei all den Richtlinien. Der in Lostorf Wohnhafte sieht das Problem vor allem bei den Leuten, die Waffen illegal besorgen. Der Schiesssport sei ein Sport wie jeder andere und gehöre zur Tradition dieses Landes. «Inkorrektes Verhalten mit der Waffe und Vorfälle werfen auch ein schlechtes Licht auf uns», sagt Burkhalter abschliessend.