Sie brennen für die Feuerwehr
Feuerwehrverein Obergösgen Hier wird die Tradition der Feuerwehr hochgehalten: Präsident Jean-Pierre Zurbuchen erzählt, wie er den Feuerwehrverein Obergösgen mitgegründet hat und was ihm die Kameradschaft bedeutet. Im Mai übergibt er das Zepter seinem Nachfolger.
Jean-Pierre Zurbuchens Augen leuchten wenn er von seiner Zeit im Feuerwehrverein Obergösgen erzählt. Hier in Lostorf, im Privatlokal «Thomy’s Genusscenter», hat er zusammen mit seinen Kameradinnen und Kameraden einiges erlebt. «Und auch Geschichte geschrieben», wie er mit einem Lächeln auf den Lippen erzählt.
Dass er zusammen mit seinem guten Freund Thomas Annaheim, dem das Lokal gehört, Traditionen pflegt, ist schon beim Betreten unschwer zu erkennen. An der Decke hängen Treichler-Glocken. Das Treicheln ist ein Hobby von Zurbuchen, wenn er nicht gerade in Erinnerungen an alte Zeiten in der Feuerwehr schwelgt oder Anlässe mit dem Verein mitorganisiert. Sie gehören aber nicht zu den «Freiheitstrychlern», die mit ihren Umzügen gegen die Corona-Massnahmen protestieren, wie Zurbuchen sagt. Im Gegenteil: Die ehemaligen Feuerwehrmänner verurteilen diese Aktionen aufs Schärfste. «Das Treicheln hat nichts mit Politik zu tun. Sie missbrauchen diese schöne Tradition durch ihr Handeln», wie Annaheim bedauernd sagt. Währenddessen nimmt Zurbuchen insbesondere Alain Berset in Schutz und lobt ihn für das Krisenmanagement in dieser schwierigen Zeit.
Zurück zum eigentlichen Grund, warum wir uns im kühlen Lokal treffen. «Die Kühle hier drin tut gut», scherzt Zurbuchen. Der plötzliche Frühlingseinzug und die über 20 Grad an diesem Apriltag haben auch ihn überrascht. Doch der dreifache Familienvater hat sich schon lange an warme, ja gar heisse, Temperaturen gewöhnt. 25 Jahre löschte Zurbuchen Feuer, in den letzten Jahren fungierte er dabei als Kommandant. Schon in den Anfangsjahren trug er den Wunsch mit sich, später einen Feuerwehrverein zu gründen. «Eigentlich wollte ich damit bis zur Pension warten», erklärt der 53-Jährige. Es kam anders als geplant, denn 2005 feierte die Feuerwehr Obergösgen ihr 100-jähriges Bestehen. So gründete Zurbuchen zusammen mit fünf anderen Kommandanten im Mai 2004 den Feuerwehrverein Obergösgen. «Dann gingen wir gleich zu den Vorbereitungen für das Jubiläum über», ergänzt er.
Ein Flair für die Nostalgie
Anlässe wie Jubiläumsfeiern oder das Beizli-Fest in Obergösgen zu lancieren oder mit zu organisieren sind die Hauptbeschäftigungen des Vereins. Der harte Kern der Mitglieder trifft sich immer am ersten Montagabend des Monats zum Feierabendbier, hier im Lokal von Thomas Annaheim oder im Restaurant Eintracht in Lostorf. Zurbuchen fasst zusammen: «Das aktive, gesellschaftliche Leben unter Kameradinnen und Kameraden hat Vorrang.» Es geht nicht darum, Feuer zu löschen oder Leben zu retten, jedenfalls nicht mehr. Dem Verein können Leute beitreten, die selbst in der Feuerwehr waren oder einfach Interesse an der Sache haben. Dabei sei das grosse Wissen des Handwerks der Feuerwehr aus verschiedensten Generationen beim Austausch spürbar.
Dass gerade die «alten Hasen» viel vom Wissen aus ihrer aktiven Feuerwehrzeit in den Verein mittragen, sieht man auch bei Zurbuchen. Er blättert euphorisch im Bilderbuch des Jubiläums von 2005 und zeigt Fotos, auf denen Häuserattrappen brennen und Jugendliche, die sich an den Löschschläuchen probieren. Der ehemalige Feuerwehrkommandant kommentiert die Bildergalerie: «Da sieht man den Entwicklungsbrand, der reich an Brennstoff ist. Er entsteht kurz bevor das Feuer so richtig durchzündet. Man nennt das auch einen Flashover.» Fachbegriffe, die Laien bisher gar nicht oder nur am Rande aufgeschnappt haben.
«Es sind aber nicht nur die Abende unter den Vereinsmitgliedern, die unseren Verein ausmachen», fährt Zurbuchen fort. Ein wichtiges Aushängeschild sind die Gerätschaften, die der Verein hegt und pflegt. Im Kellerabteil unter der Mehrzweckhalle der Gemeinde Obergösgen verwahrt er alte Löschschläuche, Löschkutschen mit Handdruckspritzen aus dem 19. Jahrhundert und andere Feuerwehrutensilien. Ein besonderes Artefakt sei ein alter Löschsack, der zurzeit restauriert und später in einer Vitrine im Lokal von Thomas Annaheim ausgestellt werde. Es ist diese Nostalgie, die Zurbuchen und die anderen Mitglieder fasziniert. Diese Nostalgie von alten Gerätschaften und wie sie funktionierten. «Es ist spannend, längst verjährte Geräte an Festen wieder auszuprobieren und den Besuchenden zu zeigen, wie sie im Vergleich zu heute funktionieren», erklärt der in Aarburg Aufgewachsene. Um im Feuerwehrverein mitzumachen, sollte man daher also auch ein gewisses Interesse für diese Nostalgie mitbringen. Aber das komme gemäss Zurbuchen automatisch, wenn man in der Feuerwehr dabei ist. «Ich habe mittlerweile ein echtes Flair dafür entwickelt», ergänzt er lachend.
Grosse Altersspanne im Verein
Auf die Frage, wie es denn mit dem Nachwuchs im Verein aussieht, antwortet Zurbuchen, der hauptberuflich ASA-Sachstellenleiter ist: «Es ist kein Geheimnis, dass sich die jungen Leute immer weniger für die Feuerwehr interessieren.» Dennoch bestehe eine grosse Altersspanne, von Jung bis Alt sei alles dabei. Denn dem Verein können nicht nur ehemalige Leute aus der Feuerwehr beitreten, sondern auch derzeit noch aktive. Er beobachte mittlerweile, dass die Jungen den Sinn hinter gesellschaftlichen Zusammenhängen wiederentdecken. Er sagt dazu: «Die Jungen kommen wieder. Die Frage ist nur, wann.»
Jean-Pierre Zurbuchen übergibt an der Generalversammlung vom 20. Mai sein Amt seinem Nachfolger. Er war ganze zehn Jahre im Amt.