Seit mehr als 100 Jahren gleiten sie über die Aare

Ruderclub Olten Obwohl in Olten schon lange nicht mehr um die Wette gerudert wird, erfreut sich der gesundheitsfördernde Ganzkörpersport hier seit über 100 Jahren an einer treuen Anhängerschaft. Immer dienstags gleiten die Oltner Ruderer fast schon majestätisch über die Aare.

Immer dienstags gleiten die Oltner Ruderer fast lautlos und mit rhythmischen Bewegungen über die Aare vor der Dreitannenstadt. (Bild: vwe)

Immer dienstags gleiten die Oltner Ruderer fast lautlos und mit rhythmischen Bewegungen über die Aare vor der Dreitannenstadt. (Bild: vwe)

«Beim Rudern fühle ich mich mit der Natur verbunden», so Roland Hahn, Präsident Ruderclub Olten. (Bild: vwe)

«Beim Rudern fühle ich mich mit der Natur verbunden», so Roland Hahn, Präsident Ruderclub Olten. (Bild: vwe)

Nostalgie weht einem aus dem über 90-jährigen Bootshaus an der Gösgerstrasse entgegen. Obwohl hie und da etwas renoviert wurde, behielt das Haus des Ruderclubs Olten (RCO) seinen Charme. Selbst die dreizehn Boote scheinen eine Geschichte aus früheren Zeiten zu erzählen. Kein Wunder - schliesslich haben einige von ihnen bereits 70 Jahre auf dem Buckel. «Stadt- präsident Martin Wey bezeichnete das Bootshaus an unserer 100-Jahr-Jubiläumsfeier als wahre Trouvaille», meint Vereinspräsident Roland Hahn lächelnd.

Rudern wird zum Frauensport

Auch an diesem sonnigen Dienstagabend anfangs Juli haben die Oltner Ruderer wieder einen Grund zum Feiern. «Am 1. Juli 1917, vor fast genau 101 Jahren, fand die allererste Ausfahrt des RCO statt», zeigt Hahn auf. Deshalb sei eine kleine, gemütliche Grillade geplant. Zuerst wird aber noch trainiert. Mit vereinten Kräften hieven vier Ruderer das über 50 Kilogramm schwere Holz- ruderboot über die Wiese zur Anlegestelle. «Unsere ältesten Modelle sind sehr schwer, die neueren Boote aus Carbon sind mit 20 kg um einiges leichter», so Hahn. Dadurch werde der Sport auch für Frauen immer attraktiver. «An einigen Dienstagen besteht unsere Gruppe fast zur Hälfte aus Ruderinnen.» Selbst für den Nachwuchs ist gesorgt. Am Schulsportangebot des Ruderchefs Lukas Zeltner, das nach längerer Pause in diesem Frühling wieder startete, nehmen vier Mädchen und zwei Knaben teil. Eine solche Geschlechterverteilung wäre vor mehr als 30 Jahren noch nicht denkbar gewesen. Schliesslich wurde der RCO erst 1987 für Frauen geöffnet. «Dies hatte aber wahrscheinlich auch damit zu tun, dass hohe Investitionskosten nötig waren, um getrennte Garderoben und Duschen zu installieren», sinniert Hahn.

«Wir wollen gleiten»

Wenn das Ruderboot erst mal zur Aare befördert wurde, geht alles ganz schnell. Rein ins Einer-, Vierer- oder gar Achtergefährt und schon gehts flussaufwärts. «Wir wollen auf der Aare gleiten, fast schon fliegen», meint Hahn. Gar nicht so einfach auf dem Oltner Flussabschnitt. Ein spiegel- glattes Gewässer, die optimale Grundlage zum Rudern, ist hier nämlich nicht gegeben. Die Annahme der Gründerväter des Clubs, dass es nach dem Bau des Winznauer Stauwehrs ein attraktives Ruderrevier rund um die Dreitannenstadt geben würde, entpuppte sich als Falschein- schätzung. «Dennoch geniessen wir unsere Ausfahrten hier. Es ist lediglich teilweise ein wenig ruckelig und braucht etwas mehr Gleichgewichtsgefühl», meint Roland Hahn.

Keine Regatten in Olten

Die Dreitannenstädter sind seit mehr als 20 Jahren nicht mehr Part des Schweizer Ruderver- bandes. Eine Teilnahme an offiziellen Regatten ist für die RCO-Mitglieder somit nicht möglich. «Das Regattieren ist nicht nur ein enormer zeitlicher Aufwand, sondern auch ein hoher Kosten- punkt, den wir nicht mehr tragen wollten», erklärt der Präsident. Damit vielversprechende Oltner Nachwuchsruderer jedoch den Sprung zum Leistungssport wagen können, pflege der Verein einen engen Austausch mit dem Ruderclub Aarburg. «Der Oltner Philipp Oeggerli wurde beispielsweise von uns an die Aarburger weitergeleitet und konnte im letzten Jahr den Vize-Schweizer-Meister-Titel im Skiff (Einer) holen.»

Ganzkörpertraining in der Natur

Doch auch ohne Wettkampfdruck sind die Oltner wöchentlich auf der Aare anzutreffen. «Rudern ist ein effektives Ganzkörpertraining und für mich pure Entspannung auf dem Wasser», erklärt Ruder- chef Lukas Zeltner, der jeweils die Ausfahrten am Dienstag leitet. «Beim Rudern als Gruppe entsteht nicht nur ein starkes Gemeinschaftsgefühl mit den Kameraden, sondern auch eine tiefe Verbundenheit zur Natur», fügt Hahn an. Bis ins hohe Alter könne der Sport problemlos betrieben werden. «Unser ältestes aktives Mitglied ist 77 Jahre alt», meint der Präsident lächelnd. Zudem
sei der Wassersport gesundheitsfördernd. «Einige Kollegen haben durchs Rudern Rücken- beschwerden entgegenwirken können.»

«Die Wiese soll nicht zur Badi werden»

Während die Clubmitglieder rudern, findet auch ein junges Pärchen den Weg auf die Anlegestelle und hüpft in die Aare. Dadurch kommen Erinnerungen an das letztjährige Postulat der SP Olten hoch, in der gefordert wurde, dass die Anlegestelle zugänglich für die Bevölkerung gemacht werden soll. Schliesslich habe die Stadt 2012 im Zusammenhang mit dem geplanten Projekt ANDAARE in deren Sanierung investiert und der Verein im Gegenzug signalisiert, dass die Weiterführung eines Aareweges durch das Land des Clubs diskutiert werden könne. Gegen eine massvolle öffentliche Nutzung der Anlegestelle habe der Ruderclub nach wie vor nichts einzuwenden. «Allerdings soll die Wiese nicht zu einer zweiten Badi mutieren. Das wäre für unseren Sport kontraproduktiv», erklärt Hahn. Schliesslich bräuchten die Ruderer den Platz zum Wenden und Transportieren der Boote. «Wenn plötzlich sehr viele Leute auf der Wiese liegen, geht das nicht mehr.» Zudem sieht der bis 2057 gültige Baurechtsvertrag mit der Stadt keine öffentliche Nutzung der Anlegestelle vor. «Mit den Sonnenhungrigen, die am Tag vorbeikommen, haben wir praktisch keine Probleme. Den unerwünschten Müll bringen vor allem die nächtlichen Besucher mit und wir müssen ihn dann einsammeln.» An diesem Dienstag fand der Präsident bei seiner üblichen Aufräumtour beispielsweise nicht nur Kleider, PET-Flaschen und Verpackungs- material, sondern auch ein Kickboard. Abgesehen vom Littering funktioniere der Kompromiss jedoch momentan gut. Schliesslich lässt sich ein 100-jähriger Verein auch nicht so schnell aus der Ruhe bringen.

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