Polka, Marsch und 80er-Hits
Musikgesellschaft Lostorf Während der letzten 173 Jahre hat sich die Musikgesellschaft zum Lostorfer Traditionsverein entwickelt. Doch hat man früher noch aktiv Junge ausgebildet, fehlt heute der Nachwuchs. Jetzt freut sich der Verein wieder auf das Beizlifest vom 26. und 27. August.
Nicht immer sind wir so ernst, wie an der Parademusik!», mit diesem grammatikalisch holprigen Spruch wirbt die Musikgesellschaft Lostorf (MGL) auf ihrer Website für sich. Vereinspräsident Markus Jenny lacht, wenn man ihn auf den Satz anspricht. «Das bedeutet, dass wir neben der Musik auch das kameradschaftliche Leben pflegen», erklärt er dazu.
«Wir machen keine Wettkampfmusik, sondern Musik für die Menschen in und um Lostorf, die Zuhörerinnen und Zuhörer – und vor allem machen wir Musik, die uns selbst gefällt», weiss der 38-Jährige weiter zu erzählen. 1849 gegründet, gilt die MGL heute als Traditionsverein in der Gemeinde. Trotz der langen Tradition sieht sich die Gruppe als jungen und junggebliebenen Dorfverein. Aktuell sind es 27 Musikantinnen und Musikanten, die mit ihren Flöten, Oboen, Klarinetten, Saxofonen, Trompeten, Posaunen, Hörnern und Schlagzeugen Lieder zum Besten gegeben.
Viel beschäftigt sind die 27 Vollmitglieder im Verein – das Mann-Frau-Verhältnis ist etwa ausgeglichen – alleweil. «Wir haben im Jahr gut 60 Anlässe, darunter fallen auch die wöchentlichen Proben jeweils am Donnerstag», sagt der Vereinspräsident. Stehen Konzerte an, gibt es zusätzliche Proben an den Montagen. Nur im Sommer und nach der Weihnachtszeit gibt es kurze Saisonpausen.
Mit Holz und Blech musizieren
Als wichtigste Termine betitelt Jenny das Jahreskonzert, das jährlich im Dezember stattfindet, sowie das Beizlifest. «Das sind unsere Fixpunkte, wo wir auf alle unserer Mitglieder angewiesen sind: beim Jahreskonzert musikalisch und beim Beizlifest beim Anpacken», sagt der in Winznau lebende Lostorfer dazu.
Die MGL ist ein Blasorchester mit Harmoniebesetzung. «Das heisst, dass wir ein gemischtes Orchester sind, mit Holz- und Blechinstrumenten. Auch Schlagwerke sind bei uns vertreten», erklärt Jenny. So durchmischt wie die Besetzung der Instrumente ist auch das Repertoire. Wie für eine Traditionsmusik aus dem Dorf gängig, spielt die MGL Märsche oder Polkas. Doch der Verein hebe sich deutlich von einer gewöhnlichen Marschmusik ab. «Wir sind offen für Neues und haben viele moderne Lieder in petto, so beispielsweise auch Hits aus den 80ern», sagt der Projektleiter für Natur und Landschaft beim Kanton Aargau.
Die Mitglieder der MGL sind nicht nur musikalisch viel unterwegs. «Wie schon erwähnt, stärken wir auch regelmässig unsere Kameradschaft», fährt Jenny fort. So unternehmen die Mitglieder auch regelmässig Reisen, beispielsweise eine Tour nach Salzburg über das Auffahrtswochenende, wo sie das salzburgische Blasmusikfest besuchten. «Da durften wir dann auch selbst auf die Bühne und unsere Stücke zum Besten geben», kommentiert er begeistert. Das sei für alle ein Highlight gewesen.
Das Durchschnittsalter des Vereins liegt bei etwas über 40 Jahren, die Jüngsten sind 19 Jahre alt, die Ältesten steuern auf 84 zu. In einem Verein mit einer solch durchmischten Altersstruktur sei es eben wichtig, die Kameradschaft auch neben den Proben zu fördern. «Es ist unbestreitbar, dass durch diese grosse Altersspanne bei uns auch Menschen mit verschiedenen Welt- und Lebensansichten aufeinandertreffen. Wir sehen das aber eher als Chance», führt Jenny aus. Denn schliesslich könne man immer voneinander lernen. Er fügt an: «Wir finden immer einen für alle passenden Kompromiss.»
Wieder ein «normales» Beizlifest
Dennoch hofft der Verein auf neue Mitglieder, denn die Liste der Interessierten nehme jedes Jahr mehr ab. «Vor einigen Jahren hatten wir regelmässigen Zuwachs von mindestens sieben Personen jährlich. Heute kämpfen wir schon nur um ein Neumitglied», so der Waldhornist. Vor Ausbruch der Pandemie habe der Verein auch schon mal den Musikunterricht der Grundschule besucht und für die MGL geworben. Noch weiter in der Vergangenheit hat es auch noch ein Förderprogramm für den Nachwuchs gegeben, die dem Verein unterstellte Jugendmusik Lostorf (kurz JML). Auch die habe mit der Zeit nicht mehr so viele Junge angezogen, beziehungsweise fehlte es an Nachwuchs aus der Musikschule. «Deshalb haben wir uns dazu entschieden, die Nachwuchsförderung in unsere Hauptmusik zu integrieren», erklärt Jenny.
Immer schwieriger werde es auch, die Posten innerhalb des Vereins zu besetzen. So musste die Musikkommission, die sich früher unter anderem um die Beschaffung neuer Lieder gekümmert hatte, aufgelöst werden. Neu wählt eine Gruppe von Mitgliedern zusammen mit dem Dirigenten diese Lieder aus. Das habe den Vorteil, dass die Vereinsmitglieder mehr in die Auswahl einbezogen werden. Jenny erklärt sich den Mangel an neuen, motivierten Mitgliedern, die auch bereit sind, Posten zu übernehmen, wie folgt: «Ich glaube, dass sich viele Menschen heutzutage nicht mehr an etwas binden wollen – gerade in ihrer Freizeit.» Das Lösen des Nachwuchsproblems ist also auch bei der MGL eine langfristige Herausforderung.
Die MGL lässt sich ihre Vorfreude auf das Beizlifest am kommenden Wochenende aber nicht verderben. Nach der Absage 2020 und dem «Beizlifest-Light» im letzten Jahr findet dieses Jahr wieder ein «normales» Beizlifest statt. Letztes Jahr sei die Corona-Situation nicht absehbar gewesen, weshalb das Angebot verkleinert wurde. «Heuer können unsere Besuchenden aber wieder ein Raclette geniessen», sagt Jenny lachend dazu.
Das Beizlifest ist für den Verein einer der wichtigsten Anlässe im Jahr. Selbst gespielt wird hingegen nicht, denn: «Wir kümmern uns am ganzen Fest voll und ganz um das leibliche Wohl unserer Gäste.» Nun hofft Jenny nur noch auf gutes Wetter, wenn das Beizlifest diesen Freitag startet.