Für und mit Seniorinnen und Senioren
Pro Senectute Die Fachstelle Olten-Gösgen der Pro Senectute begegnete der Coronakrise mit Erfindungsreichtum. Im vergangenen Jahr setzte sie neue Schwerpunkte.
Mit «Jurahof» ist das Gebäude an der Oltner Jurastrasse angeschrieben. Im obersten, fünften Stock liegen die Räume der Pro Senectute Fachstelle Olten-Gösgen. Im Büro von deren Leiter Roger Schürch steht ein Tisch, darauf eine durchsichtige, eigentlich unmerkliche Plexiglasscheibe. Und doch fällt sie sofort ins Auge. Schliesslich ist sie das Resultat vom vergangenen Jahr, das von viel Ungewissheit durchzogen war. «Nach dem Lockdown, haben wir versucht, möglichst schnell zur normalen Arbeit zurückzukehren», erzählt Schürch. Auch dafür steht die Plexiglasscheibe: den Versuch, ein Stück Alltag zurückzugewinnen. Denn: «Für uns war der Lockdown eine Notfallsituation.» Er und sein fünfköpfiges Team arbeiteten von Zuhause aus. Abwechselnd war jemand in den Räumen an der Jurastrasse vor Ort. Administrative Aufgaben lassen sich zwar auch aus dem heimischen Büro erledigen. Aber wie sollten Hausbesuche, Einkaufs- und Haushaltshilfen ersetzt werden? Und was tun bei Ein- oder Übertritten in ein Altersheim? «Wir mussten viel improvisieren», erinnert sich Schürch. So schaltete die Pro Senectute schon in der ersten Woche des Lockdowns einen Telefondienst auf. «Wir sammelten Kontakte und versuchten zu vermitteln.» Gemeinden, Institutionen und auch Privatpersonen sprangen, wo möglich, ein. «Oder wir fanden coronakonforme Wege», erklärt Schürch. Zum Beispiel haben Mitarbeitende mit Leuten einen Zeitpunkt abgemacht, zu dem diese ihre Steuerunterlagen in ihren Briefkasten legen sollten, so dass sie abgeholt, ausgefüllt und wieder zurückgebracht werden konnten. So manche Sozialberatung wurde durch ein Fenster geführt. «Vieles fand auch per Telefon oder online statt», sagt Schürch. Sprachkurse zum Beispiel konnten per Zoom abgehalten werden.
800 Auskünfte und 600 Beratungen
Wie vielfältig die Leistungen von Schürch und seinem fünfköpfigen Team sind, zeigen Statistiken aus dem Jahr 2019. Gegen 40 Sportgruppen organisierte die Fachstelle Olten-Gösgen. Im Bildungsbereich fanden 16 Kurse mit je rund 10 Personen statt. Etwa 800 Auskünfte wurden erteilt und rund 600 Leute nahmen eine persönliche, kostenlose Beratung in Anspruch. «Dazu kommen etwa 30 Beratungen in Alters- oder Pflegeheimen», ergänzt Schürch. Gesundheit und Finanzen seien jene Themen, die den Seniorinnen und Senioren am meisten Sorgen bereiten. «Gerade Fragen zur Patientenverfügung wurden in der Krise dringlicher», erzählt Schürch von den Gesprächsthemen. Geld sei ein Dauerthema: «Wie finanziere ich eine Haushaltshilfe, wie soll ich die Steuerrechnung begleichen oder wie den Lebensunterhalt bestreiten?», macht Schürch Beispiele. Dabei machte sich Pro Senectute in der Coronakrise auch politisch für ihre Klientel stark. «Alle Ü65 wurden pauschal als Risikogruppe gebrandmarkt», erinnert sich Schürch. Das käme einer Stigmatisierung gleich. Im Alltag waren die Auswirkungen davon auf dramatische Weise spürbar: Besuchs- und Ausgehverbote für Leute sowohl in Alters- wie in Eigenheimen. «Es ist unsere Aufgabe, den Senioren und Seniorinnen eine Stimme zu geben», hält Schürch fest. Mit den Coronamassnahmen habe sich das Problem der Vereinsamung im Alter noch verstärkt. Auch deshalb sollte möglichst schnell der Alltag einkehren.
«Online im Alltag»
«Ein paar Angebote haben wir im vergangenen Jahr besonders gefördert», sagt Schürch, «so auch «Online im Alltag»». Dabei werden Seniorinnen und Senioren, die Mühe haben, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden, von anderen Senioren und Seniorinnen beraten. «Die Beratung findet bei den Leuten Zuhause und auf ihren Geräten statt», erklärt Schürch. Die Unterstützung ist vielfältig: Eine neue App auf dem Smartphone installieren, einen E-Mail-Account einrichten oder einen Laptop anschaffen. «Die Generation 65+ zeigt Gefallen an der digitalen Welt», sagt Schürch. Das zeigt auch die Studie «Digitale Senioren 2020» von Pro Senectute Schweiz: Zum Beispiel nutzen knapp drei Viertel der Befragten fast täglich ein Smartphone. «Bei Neuerungen brauchen sie dann Unterstützung», erklärt Schürch. Seit Sommer hätten fast sechzig solcher Beratungen stattgefunden. Auch bei «Bewegungspatenschaften» legt die Fachstelle einen Schwerpunkt. Dabei begleiten Freiwillige ältere Menschen auf gemeinsamen Spaziergängen oder üben Gleichgewicht und Beweglichkeit. «Das ist nicht nur gut für die Gesundheit, sondern wirkt auch der Vereinsamung entgegen», erklärt Schürch. Da sei die Fachstelle momentan auf der Suche nach mehr Freiwilligen.
«Senioren im Klassenzimmer»
«Pro Senectute setzt sich für den Austausch zwischen den Generationen ein», hält Schürch fest und kommt auf das Programm «Senioren im Klassenzimmer» zu sprechen. Dabei unterstützen Freiwillige Lehrpersonen in der Schule und helfen den Kindern zum Beispiel beim Lesen, Rechnen oder Handarbeiten oder lesen eine Geschichte vor. «Die Rückmeldungen sind sehr positiv», sagt Schürch. 2019 standen 40 Senioren und Seniorinnen in 14 Schulen in und um Olten im Einsatz. «Die Schulen sind dankbar», weiss Schürch. Und die Freiwilligen hätten im Lockdown oft gefragt, wann sie denn ihren Einsatz weiterführen könnten. Generell schätzt Schürch die Zusammenarbeit der Fachstelle mit anderen Institutionen: Spitälern, Heimen, der Spitex, Stadt und Gemeinden. Das sei nicht selbstverständlich. «Gemeinsam sind wir mit und für die Senioren und Seniorinnen da.»