Dürrenmatts dunkle Ahnung

Theaterkollektiv Olten: Das Theaterkollektiv Olten bringt «Frank VI.» zur Aufführung. Das Stück von Michael E. Graber erzählt Dürrenmatts «Frank V.» weiter und wirft einen ebenso kritischen Blick auf das Bankensystem.

Autor Michael E. Graber an seinem Arbeitsplatz an der Oltner Schauspielschule: Hier ist das Theater «Frank VI.» in wenigen Wochen entstanden. (Bild: Franz Beidler)
Autor Michael E. Graber an seinem Arbeitsplatz an der Oltner Schauspielschule: Hier ist das Theater «Frank VI.» in wenigen Wochen entstanden. (Bild: Franz Beidler)

Dürrenmatt, diesen überlebensgrossen Namen der Literatur, habe er beim Arbeiten ausgeblendet. «Sonst hätte ich nicht schreiben können», sagt der Autor Michael E. Graber. Der 38-Jährige schrieb das Theaterstück «Frank VI.», eine Fortsetzung von «Frank V.», das Friedrich Dürrenmatt Ende der 1950er-Jahre verfasste. Darin führt ein Bankerehepaar ein Doppelleben, um die kriminellen Machenschaften ihrer Bank vor den eigenen Kindern geheim zu halten, damit diese behütet aufwachsen. Zur Überraschung der Eltern übernehmen die Kinder jedoch in einem Coup die Bank. Mit der Machtübernahme endet das Stück Dürrenmatts. Grabers beginnt damit und zeichnet dann die nächste Generation von Bankern, ebenjene von «Frank VI.» nach. Uraufgeführt wird die «Groteske einer Grossbank», wie «Frank VI.» im Untertitel heisst, morgen Freitag, 13. März um 20 Uhr im Theaterstudio Olten vom Theaterkollektiv Olten. Dem neugegründeten Ensemble hat Graber «Frank VI.» in enger Zusammenarbeit gewissermassen auf den Leib geschrieben. «Eigentlich hätte es ja nur eine Adaption werden sollen», erzählt er. Graber wollte Dürrenmatts «Frank V.» für die kleine Besetzung des Theaterkollektivs Olten umschreiben, das neben dem Autor und Dramaturgen Graber über vier Darstellende unter der Regie der Oltner Theatermacherin Kerstin Schult verfügt. «Ein paar der Figuren liessen sich verschmelzen und der Text an mancher Stelle etwas kürzen», erklärt Graber. Geboren wurde diese Idee bereits im Jahr 2018.

Reise nach Wien als Initialzündung

Denn im Jahr 2018 schloss der erste Jahrgang an der Schauspielschule Olten ab. Seit deren Gründung vor fünf Jahren unterrichtet der Theaterwissenschaftler Graber dort Theatergeschichte und Theorie. Inzwischen führt er die Schauspielschule zusätzlich mit der Gründerin Schult zusammen in der Co-Leitung. «Zum Abschluss des ersten Jahrgangs unternahmen wir im Herbst 2018 eine Reise nach Wien», erinnert sich Graber. Sie wurde zur Initialzündung. «Wir beschlossen, dass wir etwas machen wollten.»

Weltwirtschaftskrise als Anlass

Das Thema Investmentbanken trug Graber spätestens seit der Weltwirtschaftskrise 2008 mit sich herum. Damals verfolgte er die Berichterstattung amerikanischer Journalisten, die das ganze Bankensystem für den Kollaps verantwortlich machten. Graber kam ins Grübeln. «Ist es wirklich eine gute Idee, dass der wichtigste Motor der Wirtschaft nichts Handfestes produziert?», fragt Graber und liefert die Antwort gleich nach: ein empörter Blick. «Dazu müsste man mal was machen», habe er sich schon lange gedacht. In «Frank VI.» wirft Graber dem Publikum jene Fragen entgegen, die ihn selbst beschäftigen und übt Systemkritik, indem er die Finanzkrise auf menschliches Handeln herunterbricht. So wird das Stück zur Verhaltensstudie. «Eigentlich ein veraltetes Theaterkonzept», weiss der Theaterwissenschaftler. Als Autor findet er aber dennoch: «Theater muss das leisten, was die Medien nicht leisten können.» Abstraktes Theater, das heutzutage in Mode sei, erfülle das oft nicht.

Schreiben und Proben gleichzeitig

Trotz der vielen Gedanken und der klaren Botschaft, niedergeschrieben hatte Graber den Text zu «Frank VI.» lange nicht. «Nur Skizzen», habe er 2019 angefertigt, denn ob die Produktion wirklich umgesetzt werden sollte, hing in der Schwebe. Über Weihnachten des letzten Jahres zog die Schauspielschule an die Oltner Sonneggstrasse um und die ersten Absolventen halfen Graber und Schult beim Umzug. «Da beschlossen wir, dass wir es jetzt durchziehen.» Der Termin für die Premiere wurde auf Mitte März festgelegt. Graber begann zu schreiben und das Theaterkollektiv Olten wurde als Verein gegründet. Das war Mitte Januar. Während in den neuen Räumlichkeiten die ersten Szenen von «Frank VI.» schon geprobt wurden, schrieb Graber die letzten noch nieder. Eigentlich sei er eher vorsichtig und gehe mit einem noch unvollendeten Stück nicht schon an die Probenarbeit. «Jetzt schrieb ich das Stück in wenigen Schüben nieder.» Für die Premiere wünsche er sich viel Publikum, fürchte sie aber nicht. «Investmentbanken machen mir mehr Angst.»

«Frank VI. - Groteske einer Grossbank»
Eine Aufführung des Theaterkollektivs Olten
Freitag, 13. März, 20 Uhr (Uraufführung)
Samstag, 14. März, 20 Uhr
Sonntag, 15. März, 19 Uhr
Theaterstudio, Dornacherstrasse 5, Olten

www.oltner-schauspielschule.ch

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