«Als Raucher bist du ein Exot»
Lungenliga Solothurn Für ein Päckli Zigaretten hat Traugott Nützi als Jugendlicher achtzig Rappen bezahlt. Heute ist der vierfache Grossvater Ex-Raucher und erzählt über Rückschläge und Erfolge.
Traue auf Gott und sei nützlich. Diese Deutung seines Namens ist Traugott Nützi als Vierzehn- jähriger von seinem Geographie-Lehrer an den Kopf geworfen worden. «Die ganze Klasse ist in schallendes Gelächter ausgebrochen. Mir war das sehr peinlich.» Als Zweitgeborener der Familie Nützi war der Enkel nach seinem Grossvater Traugott benannt worden. «Mein bekanntester Namensvetter ist wohl der Bundesrat Traugott Wahlen, der 1985 verstorben ist. Ein weniger prominenter der Goldfisch Traugottli aus dem Gartenteich.» Wegen seines Vornamens wurde Nützi in der Schule gelegentlich gehänselt, als Teenager musste er sich erklären und als junger Mann gar den Ausweis zeigen. «Meine Ehefrau Marlis glaubte mir nicht, dass ich Traugott heisse und fragte zu Beweiszwecken nach meiner Identitätskarte.» Auch Marlis erinnert sich noch an ihr erstes Kennenlernen an einem Turnfest vor achtunddreissig Jahren. «Sein Auftreten und der Name Traugott passten für mich nicht zusammen. Geheiratet habe ich ihn trotzdem», schmunzelt sie.
Lebendige Maden
Wenn Ehemann Nützi in der Küche steht, zaubert er gerne mehrgängige Menüs auf den Teller. Nach dem Blick in den Kühlschrank entscheide er jeweils spontan, was er kochen wolle. «Aus normalen Zutaten ein exquisites Menu zuzubereiten begeistert mich.» Es gibt nur ganz wenige Lebensmittel, die bei Nützi weder in der Küche noch auf dem Teller landen. «Lebendige Maden zum Beispiel.» Als gelernter Schreiner hat Nützi über dreissig Jahre lang ein eigenes Küchenbau-Geschäft geführt. Und täglich Zigaretten geraucht. Doch damit ist Schluss. Auf dem Weg zum Nichtraucher hat der humorvolle, zuverlässige und sozial engagierte 61-Jährige sowohl Erfolge verbucht, wie auch Rückschläge erlebt. «Noch bin ich nicht ganz am Ziel. Ich rauche immer noch bis zu vier Zigaretten pro Tag.» Über die Werte in seinem Leben sagt er: «Respekt, Anstand und Toleranz sind mir wichtig. Manchmal bin ich sogar toleranter als meine eigenen Kinder.» Obwohl oder vielleicht gerade weil er als Vater viele Jahre lang Raucher war, hat keine seiner drei Töchter zum Glimmstengel gegriffen. Eine Tochter sagte gar am Esstisch, sie würde nie einen Mann heiraten, der rauche. «Heute ist sie die Einzige der drei Geschwister, die einen Raucher zum Ehemann hat», schmunzelt der Vater.
Der Marlboro Man
Er selbst hat als Vierzehnjähriger mit dem Inhalieren des blauen Dunstes angefangen. «Auf dem Radweg zur Sekundarschule Fulenbach traf ich auf ältere Schüler, die rauchten. Ich wollte auch zu den Coolen gehören und habe mir eine Kippe angesteckt.» Die Werbung mit dem «Marlboro Man», einem lässigen Cowboy, habe dem Konsum von Zigaretten einen Hauch Freiheit und Abenteuer verliehen. Ein Päckli kostete damals noch achtzig Rappen. Obwohl Nützi sich geschworen hatte, nie mehr als fünf Franken für ein Päckli zu bezahlen, zückte er bis zu seinem Rauchstopp regelmässig ein Zehnernötli. «Die aktuellen Zigarettenschachteln sind mit Schockbildern zugeklebt. Als Raucher bist du heute ein Exot.» Die schwindende gesellschaftliche Akzeptanz war für ihn jedoch nicht die stärkste Motivation, das Rauchen aufzugeben. «Ich habe vier Enkelkinder im Alter von ein bis zehn Jahren. Ihnen möchte ich möglichst lange als gesunder Grossvater erhalten bleiben.» Ausserdem plagen ihn in den letzten Jahren zunehmend gesundheitliche Probleme wie Restless Legs, Schlaflosigkeit, Migräne, Rheuma und nächtliche Atemnot. «Besonders dieses Nicht-Atmen-Können ist wirklich ein sehr beengendes Gefühl.» Seine Ehefrau, die neben ihm am Küchentisch sitzt, sagt, dass sie gar nicht begreifen könne, dass ihr Mann trotz der gesundheitlichen Folgen so lange geraucht habe. «Aber ich weiss ja nicht, wie schwer es ist, aufzuhören.»
Rauchfreier Pilger
Um seine Sucht zu überwinden hat Nützi Verschiedenes ausprobiert. Akupunktur am Ohr, Nikotinpflaster, die Umstellung auf die E-Zigarette und verschiedene Sprays für 450 Franken. «Die haben aber nichts genützt.» Am meisten geholfen hätten ihm die Tipps von der Lungenliga und eine Begleitung durch den Rauchstopptrainer Christophe Gut. «Der ist wirklich «Gut». Bei ihm ist der Nachname Programm.» Der Rauchstopptrainer sei wie ein Mentor für ihn, so Nützi. «Christophe Gut hat den grössten Anteil an meinem Nicht-Rauchen.» Besonders habe er geschätzt, dass von der Lungenliga nie Druck ausgeübt, sondern eine Zusammenarbeit angestrebt worden sei. «Kluge Kommentare, dass man aufhören soll zu rauchen, hört man als Süchtiger oft genug.» Eine Massnahme des Plans beinhaltete das Schreiben eines Briefes an sich selbst. «Darin habe ich festgehalten, warum ich mit dem Rauchen aufhören will.» Auch führt Nützi ein Rauch-Tagebuch und bedient sich der mentalen Kraft der Bilder. «Bei mir ist der Schritt über die Schwelle der Balkontüre auf die Strasse sehr stark mit dem Impuls verknüpft, mir eine Zigarette anzuzünden.» Darum gehe er stattdessen ganz bewusst durch die Haustüre. «Hier oben», er tippt sich an den Kopf, «hier oben muss es stimmen.» Sein Ziel ist, nächstes Jahr den Jakobsweg zu beschreiten. Als rauchfreier Pilger. «Ich muss, ich will und ich werde mit dem Rauchen aufhören.»
Rauchstopp-Infoabend
Dienstag, 22. Januar, 19.30 bis 21.30 Uhr
Lungenliga Solothurn, Neuhardstrasse 38, Olten
Anmeldung: T062 206 77 55 oder E kurse@lungenliga-so.ch
Anlass ist kostenlos
<link http: www.lungenliga.ch>www.lungenliga.ch