Alles für die Herregäger
Herregäger Guggemusikg Olte Die Guggemusig zählte in den 1960er-Jahren zu den ersten Zünften, die auch Frauen aufnahm. In diesem Jahr stellt der Verein den Obernaar für die Fasnacht.
Reto Ulrich ist nicht nur Obernaar der Oltner Fasnacht 2023, sondern zugleich seit bald vier Jahren Obergäger, sprich Präsident der Herregäger Guggemusig Olten. Darüber hinaus sitzt Ulrich für die Herregäger im FUKO-Rat: «Es ist eine sehr intensive, aber auch schöne Zeit», sagt der 43-Jährige, der wie seine Schwester seit Kindesbeinen mit dem Verein und der Oltner Fasnacht verbunden ist. Sein Vater und bekannte Oltner Persönlichkeiten wie der Künstler Bruno Cerf oder Peter Känzig, ehemaliger Inhaber des Uhren- und Juwelengeschäfts, gehörten 1965 zu den Gründungsmitgliedern der Herregäger. Für Ulrich ist der Verein auch ein bisschen Familienangelegenheit, was sein unermüdliches Engagement verständlich macht. Eigentlich wollte Ulrich – obschon er in der Vergangenheit bereits 20 Jahre im Vorstand mitgearbeitet hatte – nie Präsident werden: «Als unser damaliger Präsident vor knapp vier Jahren zurücktrat, fand sich niemand, der das Amt übernehmen wollte. Also habe ich mich zur Verfügung gestellt, ich fühlte mich dazu verpflichtet, weil mir der Verein sehr am Herzen liegt. Aber natürlich ist das keine Dauerlösung, da ich ja noch im FUKO-Rat sitze.» Wenn Ulrich über die Herregäger spricht, sprudeln die Worte nur aus ihm heraus, man spürt: Es ist echte Leidenschaft, die ihn antreibt. «Für den Verein müssen meine eigenen Präferenzen zurückstehen. Es geht nicht um mich, sondern um die Herregäger.» Ulrich hofft aber, dass sich bald eine Person aus dem Nachwuchs für das Amt des Präsidenten begeistern kann.
Bunt und modern
Die Herregäger entstanden in den frühen 1960er-Jahren als eine lose Gruppe junger Fasnächtler, die auf unkonventionelle Art dem närrischen Treiben frönen wollten. Anfangs gehörten der Gruppe nur rund zehn, wie sie sich selbst bezeichneten, «bunte Vögel» an: Diese Charakterisierung legte den Grundstein für den Namen Herregäger, der nichts anderes als eine Dialektbezeichnung für den Vogel Eichelhäher ist. Nach einiger Zeit gewöhnten sich die Oltner an die bunte Gesellschaft, die nun auch in den besseren Kreisen akzeptiert wurde und sich bald als Verein konstituierte. Die Herregäger waren nicht nur bunt, sondern auch modern, wie Ulrich schmunzelnd erzählt: «Wir waren die erste Oltner Zunft, bei der auch Frauen mitmachen konnten.» Noch vor Annahme des Schweizerischen Frauenstimmrechts war das ein durchaus wegweisender Schritt.
Viel Nachwuchs
Aktuell spielen 43 aktive Musikantinnen und Musikanten bei den Herregäger mit. Hinzu kommen die Kinderwagen-Gäger (Kiwa-Gäger), also Mitglieder, die familiär oder beruflich sehr eingespannt sind, sowie die Gruppe der Ehemaligen, die Grünspähne. Die Herregäger haben in den letzten Jahren einen grossen Zustrom an Nachwuchs erfahren. Zudem werden bereits die Kinder der Mitglieder als sogenannte Herregägerli an den Verein gebunden: «Wir hoffen natürlich, dass auch sie bei uns einsteigen.» Ab dem Alter von 16 Jahren kann man mit dem Einverständnis der Eltern als sogenannter Sprössling dabei sein, um dann mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter als Vollmitglied aufgenommen zu werden.
Grundsätzlich seien alle willkommen: «Wichtig ist der Spass an der Fasnacht und die Bereitschaft, Zeit in das Hobby zu investieren.» Mit den Proben für die Fasnacht werde in der Regel nach den Sommerferien oder anfangs September begonnen. «Nach dem Ende der Fasnacht ist wieder Pause, wobei es durchaus sein kann, dass wir einmal an einem Geburtstag, an einer Hochzeit oder einem anderen Anlass spielen.» Im Frühling spielten die Herregäger etwa, als die Sendung «SRF bi de Lüt» in Olten zu Gast war. Ulrich legt aber Wert darauf, zu betonen: «Wir sind kein Musikverein. Musikalische Vorkenntnisse sind nicht zwingend nötig. Bei uns steht die Kultur der Fasnacht und das Gesellschaftliche im Vordergrund.»
Musikalische Versuche
Seit den 1960er-Jahren hat die Szene einen Wandel erfahren: «Damals zeichnete sich Guggemusig durch schräge und schrille Töne aus. Das ist heute nicht mehr zwingend so. Seit rund 20 Jahren spielen wir ab Noten, als arrangierte Musikstücke.» In den vergangenen Jahren wurde auch versucht, sehr moderne, etwas ausgefallenere Musik zu spielen, was beim Publikum aber nicht immer Begeisterung auslöste. «Gerade in unserem Obernaar-Jahr wollen wir Musik bringen, mit der wir das Publikum abholen können.» Reto Ulrich ist nach Bruno Cerf 1974 und Bruno Moser 1984 der dritte Obernaar, den die Herregäger stellen.