«Zusammenarbeit war optimal»
Starrkirch-Wil Im Herbst 2000 wurde die Kulturstiftung Starrkirch-Wil gegründet. Nach elf erfolgreichen Projekten steht sie nun vor der Auflösung. Aber die Kultur wird im Dorf auch künftig ihren Platz haben.
Ins Leben gerufen und mit Geld alimentiert worden war die Kulturstiftung Starrkirch-Wil durch Gertrud und Fritz Rentsch. Die Stiftung sollte das kulturelle Leben in Starrkirch-Wil fördern. Präsident der Kulturstiftung Starrkirch-Wil ist seit deren Gründung Joe Birchmeier. Im Interview blickt der 65-Jährige zurück auf die vergangenen gut 20 Jahre. Er erklärt auch, welche Plattform die Kultur im Dorf künftig erhält – und welche Rolle er dabei noch innehat.
Herr Birchmeier, die Kulturstiftung Starrkirch-Wil gibt es seit dem Jahr 2000, nun steht ihre Auflösung bevor. Wieso?
Joe Birchmeier: Wir haben seinerzeit die Statuten mit dem Stifterehepaar so ausgearbeitet, dass wir das Kapital brauchen dürfen – das ja nicht sehr hoch war…
...300000 Franken.
Ja, genau. In zwei Etappen: zuerst 200000, dann nochmals 100000 Franken. Zusammen mit Sponsorengeldern und Beträgen aus dem Lotteriefonds konnten wir in den letzten 20 Jahren rund 700000 Franken umsetzen. Jetzt ist das Kapital langsam aufgebraucht, darum kommt es zur Auflösung der Stiftung. Überraschend kommt diese also nicht. Und die Stiftung bestand mehr als 20 Jahre, wir konnten elf Projekte umsetzen – wir haben relativ viel geleistet.
Folglich gibt es keine grossen Anstrengungen, um der Stiftung vielleicht doch noch eine Zukunft zu schenken?
Wie sollen diese Anstrengungen aussehen? Wir haben vor zwei, drei Jahren schon mal öffentlich kommuniziert, dass die Geldmittel zur Neige gehen und wir gerne weitermachen würden, wenn sich jemand finden liesse, der Geld zur Verfügung stellt. So wie damals das Ehepaar Rentsch. Aber so jemanden findet man natürlich nicht so einfach. Andererseits muss man auch sagen: Alles hat seine Zeit, wir haben das sehr intensiv gemacht, und der Stiftungsrat ist mit Ausnahme einer Position seit dem Anfang unverändert.
Aber Starrkirch-Wil wird kulturell bald ärmer sein.
Nein. Es entsteht nun ein Nachfolgeverein, die KulturKirche 4656. Am vergangenen Donnerstag war Gründungsversammlung (siehe Seite 11; Anm. d. Red.). Als Präsident der Kulturstiftung bin ich als Götti und Geburtshelfer ebenfalls involviert. Dieser Verein wird keine ähnlichen Projekte machen können, wie wir das konnten. Das ist finanziell gar nicht möglich. Aber dieser Verein wird die Kirche, die durch die Gemeinde von der Christkatholischen Kirche übernommen wurde, künftig bespielen und dort ein Kulturzentrum etablieren. Insofern handelt es sich um eine Ablösung. Ich selber werde diesem Verein noch ein Jahr lang angehören, um meine Verbindungen weitergeben zu können. Ebenfalls ein Jahr lang dabei sein wird Margrit Gunst, die Geschäftsführerin der Kulturstiftung Starrkirch-Wil. Die Kulturstiftung wird wohl ein kleines Restkapital haben. Da werden wir noch schauen müssen, was wir damit machen. Aber danach geht es an die Auflösung der Stiftung.
Man könnte doch auch einfach vorderhand die Aktivitäten ruhen lassen und darauf hoffen, dass sich wieder Mäzene für die Stiftung finden lassen.
Das wäre natürlich der Sechser im Lotto. In einem solchen Fall wären wir sicher motiviert weiterzumachen. Aber damit rechnen wir nicht.
Der Stiftungsrat hat sich in den gut 20 Jahren seines Bestehens durch eine enorm grosse personelle Kontinuität ausgezeichnet.
Das kann man sagen. Wenn man 20 Jahre mit denselben Personen zusammenarbeiten darf, spricht das einerseits für den Erfolg der realisierten Kulturaktionen, andererseits für den Zusammenhalt untereinander sowie die Rollenteilung im Gremium. Die Zusammenarbeit war optimal. Es war immer ein Hand-in-Hand-Arbeiten, und wir verfolgten die gleichen Interessen und Ziele. Es gab kaum je Auseinandersetzungen – sonst hätte ich die Stiftung nicht 20 Jahre präsidiert.
Wenn Sie zurückblicken: Was waren die Höhepunkte der Stiftungstätigkeit?
(lacht) Der Höhepunkt war immer das nächste Projekt. Wir strebten stets an, verschiedene Kunstrichtungen anzusprechen: Musik, bildende Kunst – was auch immer. Die Kunstrichtung Film haben wir bis zuletzt aufgespart, weil wir davor immer ein wenig Respekt hatten. Es gab enorm gute Projekte. Vor zwei Jahren zum Beispiel rechneten wir beim Rundgang auf den Warburghöfen mit 500 Besuchern, es kamen letztlich 1500. Das macht natürlich Freude. Es gab verschiedene Projekte, die den Leuten in Erinnerung bleiben, nachhaltig sind.
Was war Ihr persönliches Highlight?
2015 gab es hinter der Dorfhalle ein Konzert mit Lesungen. Andrea Nottaris hatte eine Videoinstallation gemacht, Pedro Lenz, Kilian Ziegler und Matthias Kunz hielten Lesungen, Roman Wyss spielte im Hintergrund Musik mit zehn Musikern. Dieser Abend war einmalig!
Ein vorläufig letzter Höhepunkt steht noch bevor. Am Wochenende findet in Starrkirch ein kleines Kurzfilmfestival mit Bezug zum Dorf statt.
Wie schon zuvor haben wir auch diesmal das Thema nicht eingeengt. Vorgegeben war die Filmdauer von fünf Minuten und das Budget. Und wenn der Film einen Bezug zu Starrkirch-Wil hat, wäre das schön. Nun sind vier Filme entstanden, die einen sehr starken Bezug zum Dorf haben – jeder auf seine Art.
Vier Filme mit Bezug zu Starrkirch-Wil
Kurzfilmfestival Am Freitag und Samstag steht mit «lose, luege und stune» der wohl letzte Anlass der Kulturstiftung Starrkirch-Wil an. Gezeigt werden jeweils um 19.30 Uhr (Türöffnung um 18.45 Uhr) in der Kirche Starrkirch-Wil vier Kurzfilme mit Bezug zum Dorf. Die Filme stammen von Christian Frei, Peter Bolliger, Hans Kaufmann sowie Niklas Burn und Nicholas Beyeler. Der Anlass wird von einem Rahmenprogramm mit Musik (Christoph Mauerhofer), Literatur (Ulrich Knellwolf) und bildender Kunst (Andrea Nottaris) begleitet. Durch das Programm führt Kilian Ziegler. (agu)
Grosse Kontinuität
Joe Birchmeier präsidiert die Kulturstiftung seit dem Jahr 2000. Wie Christof Schelbert, Margrit Gunst und Thomas Schwab gehört er dem Gremium seit dessen Gründung an; Philipp Sacher stiess als einziges aktuelles Mitglied später dazu. Birchmeier, der neben Kunst und Kultur auch Sport und Wein zu seinen Hobbys zählt, ist auch Verwaltungsratspräsident der Stadttheater Olten AG. Seit gut anderthalb Jahren ist der frühere Geschäftsführer einer Fassadenbaufirma im Ruhestand. Er ist 65 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier Kinder und wohnt in Starrkirch-Wil. (agu)