Zusammen Wurzeln schlagen
Aarburg Auf dem alten Friedhof in Aarburg entsteht ein Religionsgarten. Initiant Markus Bill erzählt bei einem Besuch, dass hier ein Projekt startet, welches Menschen von unterschiedlichen Religionen zusammenbringt. Die Idee sei in der Schweiz einzigartig.
Es ist kalt in Aarburg, dicke Wolken hängen vor der Aprilsonne und lassen die Umgebung in trübem, eintönigem Grau erscheinen. An solchen schläfrigen Samstagen bleiben viele Menschen lieber zuhause und verbringen ihre Zeit im Bett, auf dem Sofa vor dem Fernseher oder mit nicht allzu schwer fallender Hausarbeit. Nicht so bei Markus Bill. Beim 70-Jährigen heisst es: Morgenstund hat Gold im Mund. Nach gut zwölf Jahren Arbeit geht das Projekt «Religionsgarten» in den Endspurt. Hinter dem «Religionsgarten steckt die Idee, eine Parzelle mit Pflanzen zu gestalten, die im Judentum, Christentum und Islam von Bedeutung sind und in den drei heiligen Schriften erwähnt werden.
Schon im morgendlichen Tau packt er zusammen mit vier weiteren Freiwilligen an. Redselig wie Bill ist, redet er vor dem Tor des alten Friedhofs euphorisch über das heutige Programm. Die vier Freiwilligen, darunter sind zwei Gärtner, isolieren die bereits in den Boden eingebauten Tiefbeete mit Plastikblachen. Später wird hier der Humus nachgefüllt, in den dann die Samen der einzelnen Blumen, Sträucher und Bäume eingepflanzt werden können.
Konfessionen treffen aufeinander
Beim Betreten des alten Friedhofs von Aarburg wird klar, wie das Projekt aussieht. Seitlich an der Mauer des Friedhofs baute die Gemeinde insgesamt acht Tiefbeete aus Holz in den Boden, vier auf der rechten und vier auf der linken Seite sowie zwei offene Beete an der Mauer. Dazwischen ist ein frisch gemachter Kiesweg. Das Holz ist so neu, dass es einem an diesem grauen Tag beinahe blendet. Und dennoch ist es schon seit Herbst 2021 da. «Der Bau hat sich wegen der Pandemie und der stark wechselnden Wetterverhältnisse verschoben», erklärt Bill dazu.
Die Eingebung zum Projekt hatte Bill, als er im Bibelgarten in Gossau im Kanton St. Gallen war. «Die Stille in diesem Garten tut echt gut», beschreibt der evangelische Methodist seine Erfahrung. Er war so dermassen vom Konzept begeistert, dass er etwas ähnliches auch in Aarburg umsetzen wollte. Denn er findet, einen Platz der Ruhe brauche es in der immer schnelllebiger werdenden Gesellschaft immer. Die Gemeinde verwies darauf, dass auch die anderen Religionen einen Platz finden sollten. Das hielt Bill für angemessen, spann den Gedanken weiter und fand schlussendlich den Kompromiss: ein Religionsgarten, den es in solcher Form in der Schweiz noch gar nicht gibt. Also hat er die Zügel in die Hand genommen, seine Pläne der evangelisch-methodistischen Kirchgemeinde Rothrist vorgeschlagen und dabei einen «Volltreffer» gelandet, wie er sagt. Denn die Idee ist bei Glaubenskolleginnen und Glaubenskollegen auf offene Ohren gestossen. Nun gilt es, die Vertreterinnen und Vertreter aus den anderen christlichen Strömungen und Konfessionen zu überzeugen. Das ist gemäss Bill nicht immer einfach. Aber: «Menschen aus den jüdischen und muslimischen Gemeinden sind sehr offen und haben sich bereit erklärt, beim Projekt mitzuwirken», erzählt der Möbelhändler.
Im Mai und Juni wird bepflanzt
Beim Projekt mitzuwirken heisst auch den Garten aktiv mitzugestalten. Denn es soll ein Gemeinschaftsprojekt werden, in dem Menschen aus den verschiedensten Kulturkreisen zusammenarbeiten. Um den interreligiösen Aspekt zu festigen und die Organisation zu vereinfachen, gründete Bill im Februar den Verein «Religionsgarten Aarburg», dem man unabhängig von Religion und Wohnort beitreten kann. Sinn ist es, dass die zurzeit 20 Mitglieder des Vereins die Beete in Gruppen hegen und pflegen.
Bill hat für das Projekt in diesem Jahr einen Betrag von 13000 Franken budgetiert, wovon er die Hälfte zusammengetragen hat. Der Verein finanziert sich über Spenden und Mitgliederbeiträge. Die Beete werden am 7. und 21. Mai sowie am 4. und 18. Juni bepflanzt. Die offizielle Eröffnung findet unter Leitung der Gemeinde Aarburg am 25. August statt.