Ein bunter Strauss für Migranten
Dulliken Der Pfarrkreis Dulliken der Evangelisch-Reformierten Kirche Olten hat ein beachtliches Angebot für Menschen mit Migrationshintergrund geschaffen. Treibende Kraft dahinter ist Pfarrer Sascha Thiel.
In unserem nördlichen Nachbarland sind in diesen Tagen Menschen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit auf die Strasse gegangen. Bei den lauten Tönen in Politik und Medien gehen die scheinbar kleineren Dinge oft unter, wie etwa die vielen Menschen, die sich auf lokaler Ebene für das Zusammenleben von Kulturen, Nationen und Ethnien einsetzen. So auch in der Region Olten, konkret in Dulliken, wo sich die Evangelisch-Reformierte Kirche stark in diesem Bereich engagiert.
Pfarrer Sascha Thiel, der unter anderem einen Hochschulabschluss «Migrationssensibles Handeln» in der Tasche hat, zeichnet in seiner Kirche für die Arbeit mit Migrantinnen und Migranten verantwortlich: «Rechtspopulistische Kreise bedienen zunehmend erfolgreich das Narrativ von der Migration als Wurzel aller Probleme», sagt der 52-Jährige. Dies geschehe oft in Kombination mit einem problematischen Verständnis des Begriffes Integration. Der gehe davon aus, «es gäbe in unseren westeuropäischen Gesellschaften ein homogenes gesellschaftliches Ganzes», in welches Auswärtige assimiliert werden müssten.
Vielfältiges Angebot
Das Angebot in Dulliken geht von Deutschkursen über multikulturelle Treffen und Aktivitäten bis zu Seminaren zum Thema Anti-Rassismus. «Unser Engagement als Pfarrkreis ist aus dem Bedürfnis von Migrantinnen und Migranten selbst erwachsen, die uns fragten, welche Angebote wir als Kirche hätten, um besser Deutsch zu lernen», berichtet Sascha Thiel. Im Jahr 2020 war’s, als er versuchte, das Sprachcafé von Esther Bischof, der Integrationsbeauftragten der Einwohnergemeinde Dulliken, zu unterstützen, indem er Menschen mit Migrationshintergrund zu dieser Veranstaltung begleitete. «In Kooperation mit Einwohnergemeinde und Gemeindebibliothek habe ich innert weniger Wochen die ersten 15 Freiwilligen gewinnen und vorbereiten können, wobei der konkrete Start des Projektes dann erst nach dem Lockdown stattfand. Seitdem findet das Programm durchgängig statt.» Im vergangenen Jahr sind in 20 Trainings – insgesamt 483 Lektionen – Menschen in der deutschen Sprache durch 22 Freiwillige trainiert sowie deren Kinder betreut worden.
Weiter gehört zum Angebot Migration die einmal monatlich stattfindende Veranstaltung unter dem Titel «Internationaler Treff» – ein multikulturelles Beisammensein bei Kaffee und Kuchen, das nächste Mal am Mittwoch, 21. Februar, um 19 Uhr. An vier Abenden ist bereits das Multikulturelle Kochen durchgeführt worden, das von fünf Personen aus fünf Nationen verantwortet wird. Die Gemeinde Dulliken würdigt das Engagement der Kirche mit jährlich 5000 Franken.
Rassismus an der Wurzel packen
Was Antrieb und Motivation sei, sich in diesem Bereich zu engagieren? «Uns ist es ein Anliegen, etwas zur Entwicklung unserer Dörfer beizutragen. Integrationsarbeit verstehen wir dabei als gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Wie finden wir uns – als sich permanent wandelnde Gesellschaft – zurecht?» Zum andern hebt Thiel den Gedanken von Vielfalt und Heterogenität, «als Wesenskern des Evangeliums», hervor. So besuchten Interessierte mit anderer Religionszugehörigkeit die verschiedenen Veranstaltungen. Rund 120 Freiwillige engagierten sich in der Kirche, darunter Menschen mit sunnitischem, alewitischem und buddhistischem Glauben.
Zur Migrationsarbeit gehört in Dulliken auch die Sensibilisierung zum Thema Rassismus: Einmal jährlich organisiert der Pfarrkreis – unter anderem in Kooperation mit dem SRK Solothurn – eine Weiterbildung zum Thema Anti-Rassismus und Zivilcourage für Freiwillige und Angestellte. Dabei gehe es etwa darum, in Westeuropa «implementierte rassistische Denk- und Verhaltensmuster» zu erkennen. Dazu gibt Sascha Thiel ein Beispiel: «Jim Knopf» – der Protagonist in der Geschichte von Michael Ende – sei zwar sympathisch dargestellt, «schafft es aber bis zum Ende der Serie nicht, lesen zu lernen. Vieles mehr wäre hier zu nennen, was postkolonialistische Denkmuster auch unserer Generation mitbedingt. Solche Muster zu entlarven ist der Fokus unserer antirassistischen Workshops.»