Zürich - Vorort von Olten

Am kommenden Dienstag ist Franz Hohler zu Besuch in der Buchhandlung Schreiber und liest aus seinem neuenErzählband «Der Stein» vor. Der Schriftsteller erzähltvon Rauchern, Bestimmung und seiner einstigenHeimat Olten.

Franz Hohler in seinem Arbeitszimmer unter dem Dach in Oerlikon. mim)
Franz Hohler in seinem Arbeitszimmer unter dem Dach in Oerlikon. mim)

Herr Hohler, rauchen Sie? «Nein, ich rauche nicht und ich finde es angenehm, dass im Restaurant nicht mehr geraucht werden kann, trotzdem scheint mir, dass die Antirauchbewegung über das Ziel hinausgeht. Heute wird aus Rauchern eine Menschengruppe gemacht, die
einer Drogensüchtigengruppe nahe kommt», so der 68-jährige Franz Hohler. Von einem verzweifelten Raucher handelt die zweite Erzählung in Hohler’s neuem Erzählband «Der Stein». Franz Hohler würde aber nicht generell sagen, dass die Menschen heute zu stark bevormundet werden: «Man muss den einzelnen Fall betrachten, so empfinde ich die Geschwindigkeitsbeschränkungen oder die Regelungen im Umweltschutzbereich nicht als Bevormundung, sondern als Schutz», erklärt der Schriftsteller.

Welche Zeit schöner sei, die Zeit in welcher er Bücher schreibe oder die, in der er die Geschichten an Lesungen vortrage? «Diese beiden Tätigkeiten konkurrenzieren nicht miteinander, denn schon als Kind hatte ich das Gefühl, eine Geschichte erst dann
fertig erzählt zu haben, wenn ich sie vorgetragen habe», so Hohler.

Seinen Weg gestaltet man selbst

Franz Hohler glaubt nicht an
Bestimmung, sondern daran, dass
jeder seinen Weg machen kann. Er sei in einer behüteten Familie aufgewachsen, in der er Kultur nicht als Fassade erlebte, sondern als etwas Gelebtes. Beide Eltern waren Lehrer, die Mutter daneben begeisterte Musikerin, und der Vater liebte das Schreiben und das Theater. Franz Hohler besuchte das Bifang- und das Frohheimschulhaus, spielte mit rund 14 Jahren im Oltner Stadtorchester und entdeckte für sich, dass das Cello auch für Kirchenmusik passend ist. Mit 16 Jahren verfasste er erste Texte für das Oltner Tagblatt, welche kürzlich in einem Sammelband beim Knapp Verlag unter dem Titel «Eine Kuh verlor die Nerven» erschienen sind. Nach der Kantonsschule in Aarau begann Hohler das Studium der Germanistik und Romanistik, welches er jedoch zugunsten einer Karriere als freischaffender Kabarettist und Autor aufgab. «Meine Eltern wären weniger erschrocken, wenn ich entschieden hätte, einen konventionellen Beruf zu erlernen, als mein Studium aufzugeben, um freischaffender Künstler zu werden. Aber sie haben sich bald mit der Tatsache versöhnt», schmunzelt Hohler. Auch während der Zeit als Kabarettist war Hohler immer als Schriftsteller tätig. «Heute interessiert mich der Schriftsteller mehr, ich denke die Form des Kabaretts habe ich ausgereizt, zudem ist das Auftreten auf der Bühne mit langen Auftrittszeiten und Tourneen verbunden und so empfinde ich das Autorenleben als angenehmer.»

«Das Leben hat eine gewisse Logik»

«Ich überlege mir oft, was hätte anders laufen können in meinem Leben, gerade weil ich der Ansicht bin, dass jeder sein Leben selbst bestimmt. Steht man jedoch mitten im Leben, entscheidet häufig das Gefühl. Wenn ich zurückblicke, erhalten die Zufälle des Lebens eine gewisse Logik. Es ist beispielsweise wie ein Roulettespiel, welche Menschen man im Leben trifft: Der Entscheid mit jemandem zusammenzubleiben und wie daraus Kinder entstehen, die man sich vorher nicht vorstellen konnte. Vielleicht hätte ich andere Akzente gesetzt, ich hätte gerne vermehrt als Theaterautor gearbeitet, dafür habe ich mich in dieser Zeit stark den Kinder-Sendungen gewidmet, auf welche ich noch heute angesprochen werde», schmunzelt Hohler. Heute schreibe er für’s Theater, in diesem Jahr sind die Stücke «Call Center» und «Sense!» aufgeführt worden, so habe er also eine verpasste Abzweigung später gewählt. Vor zwei Jahren hat Franz Hohler
zudem den Ehrendoktor der
Universität Freiburg erhalten, sein Gesamtwerk sei also als Dissertation angenommen worden, so der Schriftsteller lachend.

Zürich - Vorort von Olten

Wieso wohnt Franz Hohler seit Jahren in Zürich? «Ich schätze die Anonymität, obwohl Oerlikon ebenfalls ein Dorf ist und ich die Personen von hier kenne. Da aber Olten inzwischen eine halbe Zugstunde entfernt ist, betrachte ich Zürich als Vorort von Olten», lacht Franz Hohler und fügt an, dass er ein Mal in der Woche seinen Vater besuche und so wöchentlich seine Sehnsucht stille. «Ein Bezug zu Olten sind auch meine Erinnerungen, so schätze ich die Aare noch heute und schwimme ein Mal im Jahr vom Kessiloch die Aare hinab - dies ist ein starkes Gefühl, vom Fluss getragen zu werden», erzählt Hohler. Ein ebenfalls wichtiger Ort in Kindertagen sei die Sälifluh oder der gerade zu dieser Zeit erbaute Wildpark Mühletäli gewesen. «Die Steinzeithöhlen oberhalb der Galgensäulen, ein grauslicher Ort, diente mir als Vorlage zum Kinderbuch «Tschipo in der Steinzeit». Und wie hat sich Olten in seinen Augen verändert? «Ich versuche nicht zu werten, sondern die Welt phänomenologisch (ganzheitlich) zu betrachten. Ich konnte damals meine Matur nicht in Olten absolvieren, da es nur ein Progymnasium gab. Heute gibt es die Kantonsschule und dies belebt die Stadt geistig, wie auch der FHNW-Neubau, die Stadt beleben wird.
Daneben hat man sich an die Dampfsäule im benachbarten Gösgen gewöhnt und hofft, dass nichts geschieht», so Hohler.

Lesung «Der Stein» in der Buchhandlung Schreiber, Dienstag, 11. Oktober, 20 Uhr

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