«Wir feiern mit euch»

Weihnachten im Islam Weihnachten steht vor der Tür und die ganze Schweiz versinkt im Zauber des christlichen Feiertages. Doch wie verbringen eigentliche unsere muslimischen Mitbürger die Weihnachtstage? Die Jemenitin Hagra Salem erzählt von den Festtags-Bräuchen ihrer Familie.

Geniessen Weihnachten als familiäres Ereignis: Hagra Salem (M.) mit ihren Töchtern Sara (l.) und Balkis. (Bild: vwe)
Geniessen Weihnachten als familiäres Ereignis: Hagra Salem (M.) mit ihren Töchtern Sara (l.) und Balkis. (Bild: vwe)

Ab morgen wird in den Schweizer Haushalten wieder einer der wichtigsten Festtage des Christen- tums gefeiert: Weihnachten. Vom 24. bis 26. Dezember gedenken die Christen der Geburt Jesu und dekorieren ihre Wohnzimmer mit Christbäumen, Weihnachtskrippen oder sonstigem Weih- nachtsschmuck. Die winterlichen Feiertage sind bereits in der Adventszeit allgegenwärtig in unserem Alltag und werden vor allem auch vom Gewerbe zelebriert.

330’000 Muslime in der Schweiz

Doch nur zirka 70% der Schweizer Bevölkerung gehören dem christlichen Glauben an. Wie verleben die restlichen 30% die Festtage? Feiern Sie aus kulturellen Gründen einfach mit oder wenden Sie sich bewusst vom Feiertag ab, da er nicht mit ihrer Religion zu vereinbaren ist? Der grösste Teil der Andersgläubigen lässt sich dabei beim Islam finden. Gesamthaft leben ca. 330’000 Muslime in der Schweiz, was mehr als 5% der Bevölkerung ausmacht. Der Islam entspricht damit der zweitgrössten Religion in unserem Land.

Integration dank dem Cultibo

Auch die Jemenitin Hagra Salem und ihre Familie gehören diesen fünf Prozent an. Sie leben seit gut 12 Jahren in der Schweiz. Im ersten Jahr sei der Weihnachtstrubel ungewohnt gewesen, doch mittlerweile habe man sich daran gewöhnt. «Die Stimmung in der Adventszeit ist immer sehr eindrücklich und ich nehme gerne an den traditionellen Anlässen wie dem Weihnachtssingen des Bifangschulhauses teil», erzählt Hagra Salem, welche 2003 aus dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Südjemen zu ihrem Ehemann Mohamed Hasan in die Schweiz flüchtete. Die Familie ihres Mannes konnte bereits ein Jahr zuvor nach Olten entkommen, Salem’s Angehörige leben immer noch im Heimatland. «Ich schätze es sehr, in der Schweiz wohnen zu können. Erstens können wir hier endlich in Frieden und Demokratie leben und das Land bietet für unsere drei Töchter eine bessere Zukunft. Ausserdem kann ich als Frau hier auch von einer besseren Stellung profitieren und habe mehr Möglichkeiten», überlegt Salem laut. Die Schweizer Kulturen und Sitten habe sie vor allem durch ihre zahlreichen Besuche im Begegnungszentrum Cultibo kennen gelernt. «Ich finde das Programm bietet eine tolle Abwechslung. Ich nehme mit meinen Kindern regelmässig daran teil und engagiere mich», erzählt die dreifache Mutter, welche am diesjährigen Vögeligartenfest kulinarische Köstlichkeiten für die Besucher zubereitete.

Weihnachten als kulturelles Ereignis

Im Cultibo beteiligt sich die muslimische Familie auch an Weihnachtsaktivitäten. «Ich durfte mit den anderen Kindern Guetzli backen», erzählt die älteste Tochter Balkis. Auch das Weihnachts- basteln in der Schule stellt für die 12-Jährige kein Problem dar. «In unserer Religion wird Jesus zwar «nur» als Prophet verehrt und Weihnachten ist kein Feiertag, aber wir möchten uns in diesem Bereich anpassen und mit unseren Schweizern Kollegen diese spezielle Zeit geniessen», erklärt die Familie und Hagra Salem fügt an: «Ich lade in der Weihnachtszeit jeweils meine Schweizer Kollegin zum Essen ein und wir tauschen gegenseitig Geschenke aus.» Auch an öffentlichen Anlässen ist die Familie anzutreffen. «Wir besuchen jedes Jahr den Samichlauseinzug in Olten. Als ich das erste Mal mit meiner Tochter hinging, war dieser Mann im roten Mantel für mich völlig neu», erinnert sich Mohamed Hasan zurück.

Kleines Fest in der Familie

Die Festtage werden im Hause Hasan zelebriert. «Die Frau meines Bruders ist Italienerin und daher war es klar, dass wir uns jeweils an Weihnachten mit der ganzen Familie zum Essen treffen», erklärt Hasan. Dann kommen jeweils bis zu zwanzig Erwachsene und Kinder zusammen und es wird gegessen und gespielt. Geschenke gebe es nur für die Kinder, meist Geld oder Spielsachen. «Einen Weihnachtsbaum oder sonstige Dekoration besitzen wir jedoch nicht. Ich habe allerdings gehört, dass auch viele Schweizer diesen Brauch nicht mehr pflegen», so die Jemenitin. Ein religiöser Feiertag sei es für sie allerdings nicht. Im Islam werden zwei grosse Feste gefeiert: Das «EId al-Fitr», auch «Zuckerfest» genannt, wird unmittelbar nach dem Fastenmonat Ramadan gefeiert, und das Opferfest, welches zum Höhepunkt des «Haddsch», der Wallfahrt nach Mekka, stattfindet. «Auch an unseren religiösen Festen kommt die ganze Familie, inklusive meiner christlichen Schwägerin, zusammen. Allerdings ist es jeweils schwierig, von der Arbeit frei zu nehmen, da sich der Zeitpunkt der Feiern nach dem Mond richtet», so Mohamed Hasan, der seit fünf Jahren in der Nussbaum AG tätig ist. Während der Weihnachtszeit geniesst die Familie auch die freien Tage, welche sie oft mit Ausflügen in der ganzen Schweiz verbringt. Allerdings haben nicht alle Familienmitglieder Ferien. «Ich arbeite in der Migros im Sälipark und bin dort teilweise auch während den Festtagen tätig», erzählt Hagra Salem. Ihr Kopftuch sei beim Arbeiten noch nie ein Problem gewesen. «Ich bin in der Schweiz trotz meiner Religion gut integriert und arbeite stetig an meinem Deutsch», so die weltoffene und engagierte Oltner Muslimin Hagra Salem.

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