Vertrouti Liebesgschichte

Pedro Lenz erhält den AZ Kulturpreis – sein neues Buch erscheint Ende September

Pedro Lenz im Innenhof des Rest. Flügelrad: «Wie die Geschichte erzählt wird, ist genauso wichtig wie der Inhalt». jpi)
Pedro Lenz im Innenhof des Rest. Flügelrad: «Wie die Geschichte erzählt wird, ist genauso wichtig wie der Inhalt». jpi)

Gestern wurde Pedro Lenz den mit 25’000 Franken dotierten AZ Medien Kulturpreis anlässlich einer Feier im Kulturzentrum Schützi verliehen. Somit kann sich der Wahloltner in die Reihen seiner Vorbilder einreihen: Ruedi Häusermann (2003), Klaus Merz (2005) und Max Lässer (2010). Der AZ Kulturpreis sei für ihn deshalb etwas ganz Besonderes, eine schöne Anerkennung. «Aber ich bin jetzt nicht jemand anderes. Ich schreibe auch weiterhin keine Weltliteratur», sagt Pedro Lenz bescheiden.

Das Preisgeld werde er in die Flügelrad AG investieren und für schlechtere Zeiten «auf die Seite legen». Materielle Statussymbole bedeuten dem Bestseller-Autor wenig. Er werde sich aber für die nächste Übernachtung ein teureres Hotelzimmer als gewöhnlich leisten. Diesen Luxus gönne er sich mittlerweile gerne.

Die Auszeichnung würdigt Pedro Lenz als Wortakrobat, der die Mundart bei seinen Lesungen zu neuem Leben erweckt und der mit seinen Büchern die Menschen berührt. Auf der Bühne entfaltet er durch Sprache musikalische Effekte und Rhythmus.

Spoken-Words zum Lesen

 

Lenz achtet bei seinen Texten nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Form. Rhythmus, Takt sowie die Pausen seien für ihn wesentlich. «Diesbezüglich habe ich viel von Musikern gelernt», sagt Lenz.

In seinem neuem Buch «Liebes-gschichte» sind die Prosa-Texte formal aufgebaut wie ein Gedicht. Die vielen Zeilenumbrüche symbolisieren die Pausen. Die Texte seien zum Vorlesen geschrieben. Doch auch beim leisen Lesen trägt einem der Rhythmus der Spoken-Words durch den Text. Pedro Lenz vermag die Figuren zu charakterisieren, ohne sie zu beschreiben. «Ein Junkie benützt andere Wörter als ein Bankangestellter, ein Teenager spricht mit seiner Freundin anders als ein Ehemann mit seiner Frau», sagt der 47-Jährige. Deshalb bevorzuge er Mundart. Denn wenn man im Hochdeutschen von einem Schwätzer spreche, möchte er wissen, ob es «e Liiribänz», «e Laferi» oder«e Bloderi» sei.

Die Figuren in «Liebesgschichte» sind dem Leser vertraut. Er könnte neben ihnen im Zug gesessen sein, mit ihnen die Schule besucht haben, oder am Bahnhof an der Aare neben ihnen auf einer Bank die Sonne genossen haben. Oder wenn der alte Schulschatz, der damals kein Interesse zeigte, einem nach 20 Jahren eine Freundschaftsanfrage auf Facebook sendet – kommt einem auch das bekannt vor.

Ob Pedro Lenz für das Buch «Liebesgschichte» durch Olten spazierte und die Geschichten, der «Städtler» niederschrieb? «Nein, aber ja, Olten ist für mich eine Metapher für den Mittellandsiedlungsbrei. Gross genug für eine Stadt, aber doch zu klein für ein Grossstadtleben», sagt Lenz. Olten habe eine schöne Altstadt, kenne aber auch hässliche Industriegebäude. Im Mittelland befinde sich der Nährboden für seine Geschichten. Die Oltner seien ihm sympathisch. Wenn er am Gleis 13 vorbei marschiere, dann heisse es «Sali Pedro. Wie gohts?». In Olten gehe es nicht darum, wer man sei, sondern wie man ist. Dies schätze er.

Zeit für Weltliteratur

 

Viele Kollegen ermutigen den Berner Schriftsteller, sich an grössere Themen zu wagen – an Themen, die über das Mittelland hinaus gehen. «Themen wie Klimawandel oder Geschichten mit Figuren aus New York oder Berlin», sagt Lenz. Er fände dies aber lächerlich: «Woher soll ich wissen, was sich zwei Hafenarbeiter in Hamburg einander zurufen, wenn sie etwas super finden? Ich könnte dies mit meinem Fernsehhochdeutsch nur erahnen». Pedro Lenz’ Geschichten sind authentisch. Er schreibt so, wie die Menschen wirklich reden.

Ein Erfolgsrezept: «Der Goalie bin ig» wurde in der Deutschschweiz über 20’000 Mal verkauft. Zurzeit wird er in verschiedene Sprachen übersetzt. Die Übersetzter wurden sorgfältig ausgewählt. Die Geschichte soll authentisch bleiben, wenn der «Goalie» ein «Kafi Fertig» bestellt, dann bestellt er in der schottischen Version ein «wee whisky», und in der italienischen einen «Expresso».

«Gschichte» wie sie das Leben schreibt

 

Die Sprache steht bei Lenz im Vordergrund. Seine Geschichten entstehen aus alltäglichen Anekdoten teils mit sozialkritischem Unterton. Seinen Figuren begegnet er als Mensch, obwohl nicht alle seine Freunde seien. So kommt es, dass der Junge, der im Zug lautstark und in geschäftsmässigem Tonfall am Telefon die Beziehung mit seiner weinenden Freundin Yolanda beendet, am Schluss doch einsichtig wirkt.

Pedro Lenz schreibt in seinem neuen Buch von «Liebesgschichte» mit Auf und Abs, wo es ums Durchringen und -kämpfen geht, wo Happyends nicht vorprogrammiert sind, von Geschichten in einer kleinen, uns vertrauten Welt, mitten in der Schweiz.

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