Schwanger und geächtet

Heimatschutz Theater Olten Vom Freitag, 22. bis Sonntag, 24. Januar wird bereits die 109. Einstudierung des Heimatschutz Theater Olten gezeigt.

Die Heimatschutz Theater-Crew grösstenteils stilecht wie einst anfangs des 20. Jahrhunderts. (Bild: mim)
Die Heimatschutz Theater-Crew grösstenteils stilecht wie einst anfangs des 20. Jahrhunderts. (Bild: mim)

Sitzt die Klingel am alten Fahrrad? Der Karren mit den grossen Rädern, der sowohl den Mensch, als auch Gepäck transportieren kann, wird von drei Männern auf die Bühne des Stadttheaters Olten gehievt. «Wir wollen beginnen», ruft der gebürtige Basler Regisseur Alex Truffer. Thesi Kropf und Ruth Christen vom Trio «Sunne i der Stube» aus Steffisburg stimmen auf der Zither das Musikstück «Wenn die Sonne erwacht in den Bergen» an. Auf der Bühne sitzen Mutter Wenger (Beatrice Käser) und ihre Tochter - im Stück wie im richtigen Leben - Marili Wenger (Emilie Käser) an Tischen, nähen Militärhosen und diskutieren über das wenige Geld, dass sie mit dieser Arbeit verdienen. Ausserdem sprechen sie über die bevorstehende Abreise vom Vater, der hofft als Melker in Deutschland Erfolg zu haben. Aber auch Tochter Marili beabsichtigt, in die Westschweiz zu reisen, um in einem Hotel zu arbeiten.

Feinschliff

Die Rückkehr von Vater und Tochter nach einigen Monaten fasst Erzählerin Pamela Käser in Worte. «Stopp, bitte Pamela nochmals von vorne und die Schauspieler sollen etwas schneller agieren, damit Spiel und Musik stimmig aufeinanderpassen», gibt der Regisseur Anweisungen. In der Hitze des Gefechtes steckt auch noch der zweitjüngste Darsteller Luc Baumann als Pöili Wenger mit dem Wagen fest und sorgt für einige Lacher. «Ich kann nicht so lange auf der Bühne stehen bleiben, da ich sonst zu wenig Zeit habe, um mich bis zur nächsten Szene umzuziehen», gibt Hauptdarstellerin Emilie Käser zu bedenken. Und so stehen noch die eine oder andere Abstimmung zwischen Spiel, Musik und Requisite an, damit schliesslich auch die 109. Einstudierung mit dem Stück «Dä nid weis, was Liebi heisst» die Liebhaber des volkstümlichen Theaters begeistern wird.

«Kein Gotthelf-Mensch»

«Wir haben mehrere Vorstellungen von Regisseurs Alex Truffer besucht und waren begeistert von seiner Arbeit», erzählt Beatrice Käser, langjähriges Aktivmitglied beim Heimatschutz Theater Olten. «Als ich angefragt wurde, ob ich beim nächsten Stück Regie führen würde stellte ich sofort klar, dass ich nicht der «Gotthelf-Mensch» bin. Zwar gefällt mir das traditionelle Theater, aber es muss nicht immer Gotthelf sein», erklärt Alex Truffer, der in Bern seit über 22 Jahren als Bühnenregisseur, Theaterpädagoge sowie Kulturmanager tätig ist. Er war es dann auch, der die Heimatschutz Theater-Gruppe auf den Roman vom Bieler Autor Werner Marti, beruhend auf einem wahren Schicksal, wie es sich damals noch öfters ereignet hat, aufmerksam machte. Alex Truffer hat nun das Stück aufbauend auf der Version von Theatermacher Ueli Remund neu inszeniert. Seit August feilt das 16-köpfige Ensemble im Alter von 7 bis 73 Jahren zwei Mal pro Woche am Stück. «Es ist stets eine Herausforderung, wenn eine Gruppe zum ersten Mal mit einem Regisseur arbeitet, da man nicht weiss wie das Gegenüber funktioniert. Zudem bin ich ein strenger Regisseur», erzählt Truffer und fügt an: «Dies muss man aushalten können.» Die Augen der Darsteller seien denn auch gross geworden, als er ihnen eröffnete, dass er möchte, dass sie ihre Texte bis zur ersten Probe auswändig können. Dies sei wichtig gewesen, da das Stück relativ komplex sei und nun den Darstellern genug Zeit blieb sich auf das Spiel zu konzentrieren. «Mir gefällt die Geschichte: Sie ist romantisch sowie tiefgründig und beinhaltet eine gewisse Tragik. Die Hauptfigur Marili Wenger ist eine hochemanzipierte Frau, die in einer Zeit lebt, in welcher Frauen aufgrund einer unehelichen Schwangerschaft geächtet wurden. Mir gefallen starke Frauenfiguren», erzählt Alex Truffer, der deswegen auch den «Geierwally» und «S’Vreneli vom Guggisberg» inszenierte. Aber auch die Heimatschutz Theater-Gruppe zeigt sich begeistert von der Zusammenarbeit mit Truffer. «Er hat alles, was möglich war, aus uns herausgekitzelt», erzählt Beatrice Käser begeistert. Neben den Requisiten, die wie üblich stilecht sind und von den Theatermitgliedern zusammengetragen wurden, wagt das Heimatschutz Theater einen weiteren Schritt in die Neuzeit und projiziert anstatt einer Kulisse erstmals Bilder an die Wand.

«Dä nid weis, was Liebi heisst»

«Dä nid weis, was Liebi heisst» spielt von 1906 bis 1914 und handelt von der hübschen und aufgeweckten Schneiderin Marili und vom attraktiven Zimmermann Köbu. Sie verlieben sich ineinander. Als Marili schwanger wird, macht sich Köbu aus dem Staub. Mithilfe ihrer Familie und trotz des Verlustes ihrer Lehrstelle und der Ächtung im Dorf zieht sie das Kind Laura gross. Und obwohl Köbu sie mit der Schande eines unehelichen Kindes im Stich gelassen hat, liebt sie ihn noch immer. Ob sich die beiden tatsächlich wiedersehen, erfahren Sie am kommenden Wochenende.

Weitere Artikel zu «Front», die sie interessieren könnten

Front28.02.2024

Der Börsenmann

Roland Arnet Seit mehr als 20 Jahren organisiert der Aarburger Roland Arnet im Stadttheater Olten Sammlerbörsen. Mitte März findet die nächste…
Front21.02.2024

«Wir haben bis zu acht Anfragen pro Woche»

Kinderbetreuung In Wangen bei Olten hat eine neue Kindertagesstätte ihre Tore eröffnet. Geschäftsführerin Nicole Eggenschwiler erzählt, welche…
Front14.02.2024

Ein Umzug wie ein bunter Blumenstrauss

Fasnacht Mit einem lauten Knall setzte sich der Oltner Fasnachtsumzug am vergangenen Sonntag um 14 Uhr in Bewegung. Auch Fasnächtler aus anderen Regionen waren…