Mein Nachbar Urs

Neues Buch Ende Februar ist Alex Capus neustes Buch «Mein Nachbar Urs» erschienen. Ein Gespräch über seine Kolumne, Kritik, seine Grossfamilie und die Oltner Finanzlage.

Alex Capus im Galicia - seiner Bar mit einem Hauch Spanien und eigenem Oltner Bier. mim)
Alex Capus im Galicia - seiner Bar mit einem Hauch Spanien und eigenem Oltner Bier. mim)

Im neuen Buch «Mein Nachbar Urs» sind 17 Stadtanzeiger-Kolumnen, welche zwischen 2011 und 2013 erschienen sind, festgehalten. Die Kolumnen hat der Autor selbst ausgewählt und teils umgeschrieben, respektive ergänzt, damit auch Lesern ohne Oltner Vorkenntnisse der Einstieg möglich ist. Bei der Frage nach einer Lieblingskolumne winkt der 52-jährige Schriftsteller ab: «Das habe ich nicht - ich vergesse die Kolumnen sogar selbst. Zudem bin ich nicht selbstverliebt, um diese nachzulesen.» Die letzten Kolumnen im Stadtanzeiger haben zu Reden gegeben und die Gemüter erhitzt. «Kritik muss einem erwachsenen Menschen willkommen sein. Schwieriger ist es Hass zu ertragen, da dabei auch jegliche rationale Argumentation fehlt.» Ein «Leser» sendete dem Autor seine zerrissenen Bücher zu. Er wisse, bei welchem Thema es zu emotionalen Äusserungen komme. Bei der Immigrationsfrage und wenn er der rechten Parteiführung widerspreche. «Es ist schwierig, wenn die Grenzen bürgerlichen Anstands überschritten werden, aber auch voraussehbar.»

Alliierte im Haushalt

Also keine Lieblingskolumne. Mir gefällt beispielsweise die letztes Jahr erschienene Kolumne «Baby». Capus achtet darin gezwungenermassen auf das Baby einer ihm unbekannten Frau, während diese eine Solothurnertorte einkauft. Er beschreibt in der Kolumne sehr amüsant, wie schnell Meinungen gefasst sind und Gerüchte entstehen können, zudem thematisiert er den Männerhaushalt der Familie Capus. Ob er sich schon immer eine Grossfamilie gewünscht habe? Das könne man nicht planen. Zuerst müsse man jemanden finden, dereinem langfristig gefalle, also auch noch nach 20 Jahren. Wenn man diese Person gefunden habe, müsse man alles dafür tun, um eine Grossfamilie zu verhindern», meint Capus schmunzelnd. Capus seinerseits wurde in der Normandie geboren, wuchs aber in Olten auf. Hätte er sich zuseinem Männerhaushalt ein Mädchen gewünscht? «Ich habe fünf Buben - es ist wie es ist, aber ich denke für meine Frau ist es manchmal schwierig, keine Alliierten im Haushalt zu haben.» War seine Kindheit in Olten eine andere, als die heutige Kindheit seiner Buben? «Ich denke für Schulkinder hat sich in Olten nicht viel verändert, so gibt es noch immer dieselben Feste und Höhepunkte. Meine Höhepunkte als Kind waren das Schulfest, der Säliwald, in welchem ich mit Kollegen Hütten baute und Fräulein Adam - meine Kindergärtnerin.» Nachdem Capus das Sinnieren darüber, ob seine einstige Kindergärtnerin mit Vornamen Eva geheissen habe, beendet hatte, fügt er an: «In der Schule gab es zu meiner Zeit mehr Spielraum, auch mal Unsinn anstellen zu können - heute ist dies kaum noch möglich.»

Mit Pistole gedroht

Ist das Klima in Olten rauer geworden? «Das Klima hat sich in meinen Augen nicht verändert. In dem Olten, in welchem ich lebe, gibt es keine Gewalt. Auch ich bin manchmal noch um drei Uhr morgens unterwegs. Verglichen mit früher habe ich eher das Gefühl die Leute seien heute friedfertiger und milder geworden. Während meiner Teenagerzeit in den 70er- und frühen 80er-Jahren herrschte ein anderer Tonfall. So war es üblich, dass im einstigen alten Hammer der Besitzer mit der Pistole drohte, wenn man zu lange sitzen blieb und in manchen Spelunken Richtung Trimbach waren Schlägereien an der Tagesordnung», erinnert sich Capus. Die Menschen hätten heute jedoch mehr Angst als früher. Obwohl damals die Bedrohung durch einen Atomkrieg allgegenwärtig gewesen sei, war aber die Arbeitslage stabil und bot Sicherheit. «Heute ist das Leben insbesondere für den Mittelstand und junge Leute schwieriger geworden.»

Plan B

Wie steht der Schriftsteller derfinanziellen Situation der Stadt Olten gegenüber? «Bereits vor zwei Jahren haben es die Spatzen von denDächern gepfiffen, dass die Alpiq nicht mehr zahlungskräftig ist. Ich bedaure daher, dass nicht vorher einRisikomanagement betrieben wurde. Bei einem starken Steuerzahler wie der Alpiq muss doch für den Fall, dass diese Einnahmequelle wegfällt, ein Plan B bestehen.» Und wie soll es seiner Meinung nach mit der Stadt Olten weitergehen? «Ich denke, dass einerseits im Moment vorsichtig investiert werden und andererseits eine weitere Steuererhöhung folgen muss. Seit der Eröffnung der Fussgängerzone herrscht eine gute Stimmung im Städtchen, deshalb sollte bei den Einsparungen auch eine Verhältnismässigkeit herrschen.» So befürchtet der Schriftsteller denn auch, dass eine allfällige Schliessung der Museen oder die erhöhten Badi-Eintrittspreise das soziale Leben in Olten hemmen könnten. «Alle arbeiten in Zürich und Olten verkommt zu einer Schlafstadt. Mit der wiedereröffneten Galicia Bar möchte ich einen Beitrag leisten, die Stadt lebendig zu erhalten, denn ich denke das Städtli lebt vor allem durch die Personen, die Initiative zeigen.»

 

Alex Capus: Mein Nachbar Urs

Geschichten aus der Kleinstadt

Carl Hanser Verlag

ISBN 978-3-446-24468-9

www.alexcapus.de

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