«Ich pflege eine gesunde Gleichgültigkeit»

Renato Kaiser steht heute auf der «Wortklang»-Bühne in der Vario Bar. Vorab hat der Spoken Word- Künstler mit uns über «Facebook-Trolle», Bekanntheit und seine eigene Gleichgültigkeit gesprochen.

Nach seiner letztjährigen Turmrede steht Renato Kaiser heute Abend erneut auf einer Oltner Bühne. (Bild: Johanna Bossart)
Nach seiner letztjährigen Turmrede steht Renato Kaiser heute Abend erneut auf einer Oltner Bühne. (Bild: Johanna Bossart)

Bis vor kurzem habe ihn die grosse Öffentlichkeit noch nicht gekannt oder wahrgenommen. «Und das war völlig okay so, mich hat diese Art von Bekanntheit nicht interessiert», gibt Renato Kaiser, Spoken Word Künstler, Comedian, Autor und Satiriker, zu Protokoll. Klar ist er spätestens seit seinem Schweizermeistertitel 2012 ein fester Bestandteil der deutschsprachigen Poetry Slam-Szene und hat sich mit seinen abendfüllenden Programmen auch einen Namen in der hiesigen Kabarett- szene gemacht, doch den Durchbruch bei der breiten Masse, wenn man es denn so nennen mag, schaffte der Ostschweizer im letzten Jahr mit seinen gut dreiminütigen Videos auf Watson.

Von Gölä bis zur Durchsetzungsinitiative

Begonnen hat das Projekt eigentlich völlig aus dem Bauch heraus. «Ich habe den Abstimmungs- kampf über die Durchsetzungsinitiative aktiv verfolgt und irgendwann den Drang verspürt, mich dazu zu äussern», erklärt Kaiser. Völlig rudimentär und ohne grosse Erfahrung entstand so das erste Kurzvideo, welches bis heute auf Facebook über 4’000 Likes zählt und fast ebenso viel mal geteilt wurde. «Dass das Video eine so grosse Aufmerksamkeit erregen würde, hätte ich nie gedacht und war davon auch ziemlich überrumpelt», gibt er zu. Doch die Mischung aus Satire, schnellem Ostschweizerdeutsch und dem Kaiser-Gesicht direkt vor der Kameralinse scheint auf Gefallen zu treffen - dies auch noch fast ein Jahr nach dem ersten Video. «Bald schon meldeten sich verschiedene Medienkanäle für eine Zusammenarbeit. Das Umfeld bei Watson gefiel mir am besten», so Kaiser. Dass durch diese Kommerzialisierung seine Videos für einige nicht mehr so «real» sein könnten, ist dem Spoken Word-Künstler herzlich egal. «Ich pflege bei vielen Dingen eine gesunde Gleichgültigkeit», bemerkt Kaiser lachend. Zudem möchte er durch diesen Kanal auch nicht nur einen auf «politisch» machen und spricht in seinen Kurzvideos von «mehr Dreck bei Gölä» über Pokémon Go bis zum Weihnachtsmarkt im Bahnhof Zoo auch andere Themen an.

«Es macht mir Spass, auf Facebook-Trolle einzugehen»

Dass seine Ansichten nicht jedem gefallen, liege dabei praktisch auf der Hand. «Allerdings erhalte ich erstaunlich wenig negative Kommentare», sagt Kaiser. Dies erklärt er sich nicht nur damit, dass er oftmals politisch auf beide Seiten argumentiere, sondern auch mit seinem Geschlecht. «Als durchschnittlich aussehender Mann habe ich es in dieser Hinsicht einfacher. Frauen werden schneller in eine Schublade gesteckt.» Dennoch wundere er sich, dass seine Videos nicht mehr Leute nerven. «Ich fände das teilweise sogar nachvollziehbar, schliesslich dränge ich mein Gesicht den Zuschauern förmlich auf», lacht Kaiser. Trotz der allgemeinen Harmonie lassen sich natürlich auch auf Kaisers Facebook-Page beleidigende Kommentare wie «Linggi Ratte» oder «Homo» finden. «Auf solch absurde Reaktionen muss und will ich reagieren. Schliesslich sollen diskriminierende Aussagen nicht einfach unkommentiert stehen gelassen werden.» Allerdings kommt bei Kaisers Antworten der Comedian in ihm zum Vorschein. «Teilweise reagiere ich auf «Facebook-Trolle» nur mit einem Emoticon oder mit Ironie. Dies bringt oftmals mehr, als ernsthaft zu argumentieren.» Ausserdem sei die Interaktion mit Trollen spannend, um zu erkennen, dass hinter den Kommentaren nicht bloss Avatare, sondern reale Menschen stecken.

Nach Turmrede erneut in Olten

Um die heutige Kommentarkultur dreht sich auch sein aktuelles Programm «Renato Kaiser in der Kommetarspalte». «Dabei beschränke ich mich jedoch nicht nur auf das Internet, sondern behandle auch Kommentare von Freunden, Politikern oder anderen Persönlichkeiten in unserem Alltag.» Ausschnitte aus seiner «Kommentarspalterei» wird der Ostschweizer sicherlich auch bei seinem Auftritt heute Abend auf der Oltner «Wortklang»-Bühne zum Besten geben. Bereits letzten Frühling präsentierte sich Renato Kaiser in der Aare-stadt einem grösseren Publikum. «Die Turmrede an den Oltner Kabarett-Tagen war einer meiner coolsten Auftritte. Die Veranstalter liessen mir dabei extrem viel Freiheit und daher war ich umso mehr gespannt, wie mein Text ankommen würde.» Im Vario verspüre er einen etwas kleineren Druck und freue sich vor allem auch auf seine Bühnenpartner Phibi Reichling und Manuel Stahlberger.

Vario Bar, Do, 12. Januar, 20.15 Uhr
<link http: www.wortklang.ch>www.wortklang.ch

 

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