«Ich habe mir keine Freunde gemacht»

Martin Eduard: Fischer Am Samstag, 19. September wird der einstige Stadtarchivar mit dem Solothurner Heimatschutzpreis ausgezeichnet. Ein Gespräch über Olten, den Winkel und das Geschichtenerzählen.

Die wichtigesten geschichtlichen Publikationen stammen aus seiner Feder: Alt-Stadtarchivar Martin Eduard Fischer. (Bild: mim)
Die wichtigesten geschichtlichen Publikationen stammen aus seiner Feder: Alt-Stadtarchivar Martin Eduard Fischer. (Bild: mim)

Es sei eine riesige Überraschung gewesen, als er erfahren habe, dass er mit dem Solothurner Heimatschutzpreis ausgezeichnet werde. «Aber sind wir ehrlich, eigentlich bedeutet der Preis ein Schulterklopfen unter Kollegen, denn es ist nicht eine Auszeichnung von Staates wegen», stellt Martin Eduard Fischer bescheiden klar. «Aber ich freue mich über den Preis, insbesondere deshalb, weil man sich mit der Arbeit im Heimatschutzbereich keine Freunde macht, da man häufig in das Recht des Einzelnen eingreift», so der 77-Jährige, der ab 1969 Mitglied der Altstadtkommission Olten war und dieser jahrzehntelang als Präsident vorstand. Ab 1975 präsidierte er ebenfalls die kantonale Denkmalpflegekommission.

Unbeugsam und konsequent

Bereits seit 1965 beschäftigt sich Fischer intensiv mit der Bau- und Entwicklungsgeschichte von Olten und konnte sich immense Hintergrundkenntnisse erarbeiten. «Mein Wissen hat mir auch in meiner Tätigkeit für den Heimatschutz geholfen, die passenden Argumente einzubringen», so Fischer, der der Altstadtkommission in einer Zeit vorstand, in welcher sie keine Entscheidungs- gewalt hatte. «Ich habe mir vorgenommen, das Amt erst dann abzugeben, wenn die Altstadtkommission ein rechtliches Instrument zur Verfügung hat, um ihre Interessen durchzusetzen. Um das zu erreichen, haben wir fast 40 Jahre benötigt», so der einstige Stadtarchivar. «Es ist eine Tatsache, dass trotz des Heimatschutzes stündlich schützenswerte Objekte verloren gehen, dies weil man es nicht besser weiss oder weil wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen. Die Arbeit der Altstadtkommission war denn auch stets ein diplomatischer Seilakt. Ich habe aber konsequent meine Linie verfolgt», betont Fischer. Welche gebäudetechnische Umsetzung missfällt ihm in Olten am meisten? «In den späten 70er-Jahren hat ein Architekturbüro im Auftrag einer Finanzgesellschaft ein Projekt eingereicht, um das damalige Winkelquartier zu erneuern», erzählt der 77-Jährige. Im Projekt sei ein «altstadtähnlicher», gegen das Zollhüsli hin offener «Rundbau» mit verschiedenen einen Durchblick ermöglichenden «Sichtfenstern» und eine Überquerung der Oltnerstrasse vorgesehen gewesen. «Die Idee einer neuen Altstadt auf der rechten Aareseite mit der Holzbrücke als Verbindung zur alten Altstadt hat mir gefallen. Es bildete sich jedoch Widerstand und weil man entschied, dass die Winkelhäuser nicht schutzwürdig seien, einigte man sich leider auf einen eher unglücklichen Kompromiss.»

Umzug mit dem Leiterwagen

Das Interesse an der Oltner Geschichte wurde Fischer quasi in die Wiege gelegt, denn sein Vater amtete ab 1946 als erster gewählter Stadtarchivar Oltens. «Mein Vater führte das Archiv zuerst in seinem Schulzimmer und später im Oltner Stadthaus bis es in den Werkhof ausgelagert wurde», erzählt Fischer, der mehrmals seinem Vater geholfen hat mit einem Leiterwagen das Archiv an einen neuen Standort zu verlegen. Bereits als 12-Jähriger beherrschte er die mittelhochdeutsche Sprache und konnte Urkunden lesen. «Ich musste die Texte jeweils meinem Vater vorlesen, damit er diese mit der Schreibmaschine erfassen konnte.» Nicht ganz freiwillig trat Fischer später in die väterlichen Fussstapfen und ergriff den Lehrerberuf. «Ich bin 1958 als Primarlehrer an der sechsklassigen Gesamtschule in Eppenberg eingesetzt worden, bevor ich das Lehrerpatent in den Fingern hatte. Mit 56 Schülern habe ich das «Schule machen» somit von der Pike auf gelernt», erzählt der 77-Jährige lachend. Obwohl er gerne einen naturwissenschaftlichen Beruf erlernt hätte, hat er sich später mit dem Lehrerberuf arrangiert. «Zusammen mit der während 32 Jahren ausgeübten Tätigkeit als Stadtarchivar hatte ich die ideale Berufskombination gefunden.»

Olten - Qualität und Potenzial

Was wäre, wenn aufgrund einer Änderung der Gemeindeordnung, die Altstadtkommision abgeschafft wird? «Die Entscheidungsgewalt der Altstadtkommission würde nicht, wie einige annehmen, in die Hände der Baukommission fallen. Stattdessen käme der Kanton zum Zug. Olten hat Qualität und Potenzial - doch man darf die Stadt nicht zu Tode sparen! Ich mische mich jedoch nicht mehr in die Politik ein», betont Fischer, der noch immer publizistisch tätig ist. Seine Frau und er seien heute stark in die Enkelkinderbetreuung eingebunden. «Ich amtiere als Geschichtenerzähler und Pfeifen-Schnitzer», soFischer lachend.

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