Hier herrscht Frieden
In den Laubenkolonien Sommerzeit ist Schrebergartenzeit: Gschaffige Oltnerinnen und Oltner kümmern sich im Gheid und im Bornfeld um ihre Tomaten, Salate, Gurken und Co. Wir haben die Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner besucht.
Am Samstagnachmittag ist in den Schrebergärten im Gheid nicht viel los. Windräder drehen träge im Wind, Fahnen flattern vor sich her, vom Tennisplatz nebenan tönen Aufschläge und Rufe heran. Das Thermometer zeigt über 30 Grad an. Betritt man die Schrebergärten, scheint die Welt still zu stehen. Inmitten der kleinen Gartenhäuser sind die Geräusche vom Tennisplatz kaum mehr zu hören. Nur das Rascheln von Blättern im seichten Wind und das Stapfen der eigenen Füsse im frisch gemähten Rasen des Hauptweges begleitet einen auf dem Weg an den verschiedenen Gärten vorbei.
Über den Hecken und Zäunen erscheint ein Cowboyhut, der auf und ab wippt. Die Geräusche von Schuhen, die sich auf steinigem Boden bewegen und darauffolgend von Händen, die im Humus wühlen, verraten: Hier ist jemand am Werk. Der eifrige Hobbygärtner erkennt den Besuch und grüsst mit einem Grinsen. Pietro Violente pflanzt im Gheid seit drei Jahren Gemüse und Obst an. «Es ist ein Hobby, eine Leidenschaft», sagt Violente, während er durch seinen Garten führt. Bohnen, Radieschen, Tomaten, Gurken, Brokkoli, Salat und noch vieles mehr: Für Gemüseliebhaber ist sein Garten ein Schlaraffenland.
Zusammen mit der Familie baut er das Gemüse an, alles für den Eigengebrauch. «Das Gemüse ist viel gesünder als die Produkte, die wir im Supermarkt kaufen, die mit all den Pestiziden versehen sind», meint der gebürtige Italiener. Der Schrebergarten ist Violentes Reich, hier kann er sich austoben. «Klar bekomme ich ab und zu Hilfe von meiner Frau. Aber grundsätzlich bin ich derjenige, der hier anpflanzt», erklärt der Chauffeur. Auf Hilfe ist er angewiesen, denn aufgrund seiner beruflichen Situation käme es ab und an vor, dass er ein ganzes Wochenende lang unterwegs ist. Ist dem aber nicht der Fall, verbringt Violente seine Samstage und Sonntage immer im Garten. Wie er sagt, blühe dieses Jahr alles hervorragend. Nur die Zucchini hätten es etwas schwerer.
Leidenschaft durch und durch
Violente verweist auf die Gärten links und rechts, dazu sagt er: «Eine angenehme Nachbarschaft haben wir hier.» Neben seinem Garten habe eine indische Familie frisch mit dem Gärtnern angefangen. Er hilft dem Familienvater gerne, wenn er Fragen zu allen möglichen Gewächsen hat. Ab und zu gibt es auch ein Bier zu einem gemütlichen Schwatz, aber: «Aufgrund der wenigen Zeit, die ich zur Verfügung habe, hat die Gartenarbeit Vorrang.»
Ein paar Schritte weiter schliesst Aldo Fazari die Eingangstüre zu seinem kleinen Paradies ab. Er hat für heute genug gegärtnert. Seit 25 Jahren geht Fazari seinem Hobby nach. Und das immer noch mit Leidenschaft. «Es macht Spass, sich mit den Pflanzen auseinanderzusetzen und zu sehen, wie die Zwiebeln und Tomaten wachsen», erklärt er. Früher hat Fazari auch seine Kinder mit in den Garten genommen, doch diese konnten sich während des Erwachsenwerdens immer weniger für die Gartenarbeit begeistern. «Ich komme selbst vom Land und habe darum auch einen Bezug zur Materie. Meine Kinder sind in der Stadt aufgewachsen, diesen Unterschied merke ich schon», erklärt der Italiener.
Kaum zwei Kilometer vom Gheid entfernt, im Bornfeld, steht auch das pensionierte Ehepaar Hrustic in seinem Schrebergarten. Die Tür steht offen und schon am Zaun angekommen ist zu hören, wie sich Kasim und Behija Hrustic angeregt auf Bosnisch unterhalten. Kasim Hrustic steht ganz verschwitzt, aber erfreut über Medienbesuch am Gartentor. Er grüsst und führt sogleich und ohne weiteren Smalltalk in den Garten. Die Verständigung ist nicht leicht ohne Kenntnisse der bosnischen Sprache und umgekehrt mit nur wenigen Deutschkenntnissen.
Tomaten im Überfluss
Von der Sprachbarriere unbeirrt, zeigt der ehemalige Gabelstaplerfahrer stolz die dicken Tomaten, die in seinem Garten wachsen. «Noch einen Monat etwa, dann sind sie rot und reif für die Ernte», sagt Kasim Hrustic. Es ist nicht das einzige Gewächs, welches die beiden anpflanzen. Der Pensionierte deutet mit den Händen auf die Mitte des Schrebergartens. Hier erstreckt sich ein Beet – dicht mit Kartoffeln bepflanzt. Und gleich dahinter liegen Zwiebeln unter der Erde und Bohnengewächs klettert über Bohnenstangen in Richtung Himmel. Sogar die Peperoni findet hier ihren Platz, um zu wachsen und zu gedeihen.
Kasim Hrustic bewegt sich flink über die Steinplatten, die den Weg durch die Beete ebnen, und führt zu einem weiteren Tomatenbeet. Von der roten Frucht hat das Ehepaar jedes Jahr nach der Ernte jede Menge überschüssig. «Deshalb verschenken wir einen sehr grossen Teil von dem, was wir hier anpflanzen, an die Familie oder an Freunde», erklärt der seit 22 Jahren in Olten Sesshafte. Es sei hauptsächlich eine Freizeitbeschäftigung. «Unser Garten ist auch ein Rückzugsort für uns, zum Entspannen und Runterkommen», ergänzt die Ehepartnerin Behija Hrustic wieder zurück am Anfang der kleinen Gartentour angelangt. Verständlich, denn am Gartentisch sitzend, der sich bei der Baracke befindet, vergisst man die Zeit für einen Augenblick.
In der Baracke hat das bosnische Ehepaar gar einen Herd eingerichtet, der Grill steht gleich daneben. «Wir haben hier eine kleine Küche», sagt Behija Hrustic und lacht. Manchmal laden die beiden ihre Kinder und deren Familien ein. Dann gibt es ein ganzes Lamm vom Grill, ganz nach bosnischer Tradition, wie Kasim Hrustic sagt.
Ein kultureller Treffpunkt
Und auch Bier haben die beiden immer auf Vorrat. Denn manchmal kann es sein, dass der Kumpel von nebenan, Manuel Tejxera, vorbeikommt. Auch er hat nur wenige Meter weit entfernt selbst einen Schrebergarten und arbeitet an diesem Nachmittag im Garten. Tejxera und Hrustic pflegen ihre Gärten schon drei bis vier Jahre Hand in Hand. «Ich helfe ihnen, sie helfen mir. Ab und zu gibt es ein Bierchen zur Pause», erzählt Tejxera. Oder ein Softgetränk für Hrustic, der keinen Alkohol trinkt. Tejxera baut unter anderem Salat, Tomaten, Bohnen und Zwiebeln an, alles für den Eigengebrauch. Im Gegenzug zum Ehepaar Hrustic unterhält Tejxera seinen Garten allein. «Ich suchte nach einem Hobby, und da ich mich gerne mit Pflanzen beschäftige, kam ich auf den Schrebergarten», erläutert der Portugiese, wie er seinen Weg in den Schrebergarten gefunden hat. Viel Zeit für den Garten habe er neben seiner Vollzeitstelle aber nicht.
Für das Ehepaar Hrustic und Manuel Tejxera bedeuten die Schrebergärten nicht nur, einen Ausgleich zum Alltag zu finden und in der Natur zu sein. Es ist auch ein Treffpunkt. Von den Italienern nebenan bis zu den Schweizern in der anderen Ecke: Hier hilft man sich gegenseitig und trinkt bei einer geschwätzigen Pause auch gerne mal ein Bier zusammen. Oder anders ausgedrückt: In den Schrebergärten ist die Welt noch in Ordnung.