Ein positiver Blick zurück
Oltner Stadtpräsident Nach «ruppigem» Start zieht Thomas Marbet letztlich eine positive Bilanz für das Jahr 2022. Den Auftakt ins 2023 macht am 2. Januar das Neujahrsapéro – diesmal am neuen Ländiweg.
Hört man Thomas Marbet zu, darf man davon ausgehen, dass 2023 für Olten ein politisch ruhigeres Jahr als das ablaufende werden wird. Viel Grundlagenarbeit – von der Ortsplanungsrevision über die Klimastrategie bis zum Kulturkonzept –, das Weiterverfolgen der Infrastrukturprojekte sowie ein Schulfest und die Feier zu 30 Jahre Städtepartnerschaft mit dem deutschen Altenburg stehen an. Aber es wird wohl kein Jahr der grossen Würfe werden. Das muss keine schlechte Nachricht sein. Vor allem nicht nach dem eben zu Ende gehenden 2022, in dem Olten insbesondere mit der Budget-Hängepartie im Frühjahr oder dem an der Urne verworfenen Kunstmuseum-Projekt Schlagzeilen machte. Schlagzeilen, auf die der Oltner Stadtrat und Stadtpräsident Marbet gerne verzichtet hätten.
Trotz gelegentlicher Rückschläge oder «Niederlagen»: Den Schlaf raubten ihm die politischen Geschäfte nicht. Mit einem Schmunzeln sagt Marbet: «Schlaflose Nächte habe ich höchstens dann, wenn mich die Katze zu früh weckt.» Er räumt jedoch ein, dass der Start ins 2022 «ruppig» gewesen sei. «Wir waren noch im Corona-Modus, wir verfügten nicht über ein Budget, dann begann auch noch der Krieg in der Ukraine, der ebenfalls Auswirkungen auf uns hatte. Doch danach ging es gut vorwärts.» Die zweite Budget-Version habe geräuschlos passiert, die TV-Sendung «SRF bi de Lüt» habe sich zu einem gelungenen Stadtfest entwickelt. «Wir nahmen Fahrt auf, und zum Schluss bleibt mir das Jahr 2022 sehr positiv in Erinnerung.»
Der frühere Baudirektor der Stadt führt weitere 2022er-Meilensteine ins Feld, die er mit positiven Gefühlen verbindet: die Öffnung des Ländiwegs vor wenigen Wochen, die Fertigstellung des Metzina-Wächter-Platzes, der bis anhin «reibungslose» Bau des neuen Kleinholz-Schulhauses, der Start der Arbeiten rund ums Pontonierhaus oder die einstimmige Annahme des Räumlichen Leitbildes durch das Parlament. «Doch es gab natürlich auch Dämpfer.» Marbet spricht in erster Linie die Aufhebung des Gestaltungsplans von Olten SüdWest durch das Verwaltungsgericht an. Und die nicht im Sinne des Stadtrates und der Parlamentsmehrheit ausgefallene Abstimmung «Projektierungskredit Kirchgasse 8 und 10» kommentiert Marbet so: «Die Kunstmuseum-Abstimmung hallt nach. Das ist so. Aber es gab danach einen Runden Tisch zum weiteren Vorgehen. Und der stimmte mich wieder positiv, weil die Institution Kunstmuseum von niemandem grundsätzlich in Frage gestellt wurde.»
«Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt»
Jenseits von Infrastrukturprojekten hebt der 55-Jährige die Umfrage über die Mitarbeiterzufriedenheit des städtischen Personals positiv hervor. Oder den Mitarbeiteranlass mit Gedankenaustausch und anschliessendem gemeinsamen Besuch einer «Silo8»-Vorstellung. «Das kam gut an und hat auch das Zusammengehörigkeitsgefühl, das durch Corona ein wenig gelitten hatte, gestärkt.» Und nicht zuletzt seien ihm diverse repräsentative Anlässe in guter Erinnerung geblieben.
Bei diesen Anlässen – ob das nun eine Zugstaufe ist, die Saisoneröffnung im Stadttheater, eine Feier zur abgeschlossenen Kanti-Sanierung oder was auch immer – ist jeweils zu spüren, dass Marbet diese Auftritte mag. Sie sind ihm nicht lästige Pflicht. «Ich mache die gerne», bestätigt er, «und ich gehe auch immer hin, wenn es mir möglich ist. Ich schätze es, wenn ich eine Einladung erhalte – wobei man natürlich nicht primär mich, sondern meine Funktion einlädt.» Der Austausch an diesen Veranstaltungen gefalle und inspiriere ihn.
Vor Jahresfrist sagte Marbet, dass er seine Work-Life-Balance noch nicht wirklich gefunden habe. Ist das denn inzwischen besser geworden? «Ich habe das Abo fürs Fitnesscenter wieder erneuert», antwortet er mit einem Schmunzeln. «Und ich versuche, am Wochenende Zeit für meine Partnerin und für mich zu haben. Aber das geht natürlich nicht immer, es gibt ja auch Verpflichtungen am Wochenende.»
Der Sozialdemokrat vertritt seine Partei und natürlich seine Wohngemeinde seit 2015 auch im Kantonsrat. Marbet schätzt die Möglichkeit, sich durch das Kantonsratsmandat zusätzlich vernetzen zu können und dadurch in manchen Angelegenheiten auch eine vertiefte Dossierkenntnis zu besitzen. «Die Regulierungen gelten ja dann für alle 107 Gemeinden des Kantons – unabhängig von der Grösse.» Zudem begegne er im Kantonsrat vielen Personen, mit denen er ohnehin beruflich zu tun hätte. Wollte er die sonst treffen, müsste er bilaterale Treffen anberaumen. Versucht er in Solothurn primär die Stimme Oltens zu sein? «Man trägt ja immer verschiedene Hüte. Man ist Gemeindevertreter, aber auch Parteivertreter und eigenständige Person. Die verschiedenen Hüte versuche ich im Gleichgewicht zu halten. Ich mache nicht Interessenpolitik ausschliesslich für die Stadt.»
Nach ein paar Tagen Weihnachtspause wird am 2. Januar der erste offizielle Oltner Anlass des neuen Jahres durchgeführt werden, das Neujahrsapéro für die Bevölkerung. Diesmal an einem besonderen Ort. «Wir machen das am Ländiweg, weil dort ein neuer Platz geschaffen wurde und wir die Grosszügigkeit des Weges gerne zeigen wollen.» Es soll ein bewusstes Signal sein, damit die ganze Bevölkerung den neuen Ländiweg in Beschlag nimmt und dieser sein bisheriges Image abstreifen kann.
Im kommenden Sommer erreicht Thomas Marbet bereits die Halbzeit seiner ersten Legislatur als Oltner Stadtpräsident. Welche Note gäbe er sich für seine Amtsführung? Er lacht. «Das müsste man die Wählerinnen und Wähler fragen. Aber mich dünkt, wir haben es gut gemacht.»