Ein Blick in die Tiefen des Schweizer «Bünzlitums»

Oltner Kabarett-Tage Vom 18. bis 28. Mai halten die 29. Kabarett-Tage in Olten Einzug. Mit von der Partie ist auch der Appenzeller Simon Enzler mit seinem ersten Solo- programm «Primatsphäre».

Überlegt, bestechend genau, schonungslos überspitzt und mit viel schwarzem Humor: Simon Enzler widerspiegelt in seinem ersten Soloprogramm «Primatsphäre» das Schweizer Alltagsleben mit all seinen menschlichen Abgründen. (Bild: ZVG)
Überlegt, bestechend genau, schonungslos überspitzt und mit viel schwarzem Humor: Simon Enzler widerspiegelt in seinem ersten Soloprogramm «Primatsphäre» das Schweizer Alltagsleben mit all seinen menschlichen Abgründen. (Bild: ZVG)

Ab dem 18. Mai verwandelt sich das beschauliche Olten wieder in ein Mekka für Kabarettliebhaber von nah und fern. Die Oltner Kabarett-Tage gehören seit gut 30 Jahren zum hiesigen Kulturgut und locken jeden Frühling nationale sowie internationale Künstler in die Aarestadt. Auch der wohl bekannteste Appenzeller in der Szene, Simon Enzler, liess sich die Chance in diesem Jahr nicht nehmen und wird sein erstes Soloprogramm «Primatsphäre» am Freitag, 20. Mai im Stadttheater zum Besten geben. Kein Wunder - schliesslich verbindet der40-Jährige mit Olten eine jahrelange Geschichte.

Cornichon als Europameistertitel

Denn bereits 2003 bereicherte Enzler mit seinem Programm «Die Welt aus der Sicht eines Appenzellers» die Kabarett-Tage. Damals noch auf der Nebenbühne, wurde die Plattform für den Appenzeller im Laufe der Zeit immer grösser, bis er vor vier Jahren schliesslich den Oltner Kabarett-Preis Cornichon entgegennehmen durfte. «Für mich ist diese Auszeichnung eine ganz besondere, da man sich hier nicht nur gegen nationale sondern auch gegen internationale Konkurrenz behaupten muss. Also quasi der Europameistertitel des Kabaretts», sinniert Simon Enzler lächelnd. Generell werde den Oltner Kabarett-Tagen in der Szene viel Respekt entgegen- gebracht und der Anlass habe sich zu einem Fixpunkt in der Schweizer Kabarett-Agenda entwickelt. Zudem wisse der Innerrhoder aus eigener Erfahrung, wie viel Aufwand und Herzblut hinter einem solchen Event stecke. Schliesslich organisierte Enzler mit seinem Manager gut
14 Jahre lang die Kabarett-Tage Appenzell.

Vom Duo zum Solokünstler

Trotz der mehrfachen Auftritte in Olten wird am 20. Mai doch alles anders sein für Simon Enzler: Erstmals steht er in der Aarestadt nämlich alleine auf der Bühne. Zuvor gut 15 Jahre lang mit seinem Partner, dem seit Giacobbo Müller bestens bekannten, leidenschaftlich missmutigen Bassisten Daniel Ziegler, unterwegs, ist der Kabarettist nun mit seinem erstenSoloprogramm «Primatsphäre» auf Schweizer Tour. Hand aufs Herz - warum hats solange gedauert? «Ich habe mich zuvor schlichtweg nicht getraut», gibt Enzler zu. Doch irgendwann habe sich der Wunsch dann dermassen verdichtet, dass er es einfach ausprobieren musste. «Dani hat diesen Schritt vollkommen verstanden und die Zeit für seine eigenen Projekte genutzt.»

«Ich beobachte mein Umfeld genau»

An «Knatsch» sei zwischen Ziegler und Enzler also nicht zu denken, schliesslich kennen sich die beiden bereits von der Schule her. «Schon damals war Dani mit seinen langen Haaren durch und durch der Musiker», erinnert sich Enzler. Auch er selbst fand früh auf die Bühne. «Bereits als
11-Jähriger haben mich Persönlichkeiten wie Emil oder Franz Hohler fasziniert. Wie sie die Leute unterhalten und zum Lachen bringen, liess mich staunen.» Schon bald wollte der junge Enzler in ihre Fussstapfen treten und inszenierte an privaten Anlässen eigene kleine Stücke. «Einer meiner ersten Auftritte war am Geburtstag meines Grossvaters. Damals imitierte ich einen Streit meiner Grosseltern im Auto», lacht Simon Enzler und fügt an: «Schon als Bub habe ich mein Umfeld genaustens beobachtet.» Obwohl Enzler bereits ab 1999 regelmässig für öffentliche Gigs gebucht wurde, versuchte er sich nebenbei noch als Philosophiestudent oder Kunstgewerbeschüler. Als er dann schliesslich ab 2002 ganz auf die Karte Komik und Kabarett setzte, bemerkte sein Vater nur: «Endlich hast du es gemerkt.»

«Mich fasziniert der fliessende Übergang vom Privaten ins Öffentliche»

In seinem aktuellen Soloprogramm «Primatsphäre» stellt Simon Enzler seine Beobachtungsgabe und sein Gespür für die kleinen Feinheiten des Alltages wieder einmal unter Beweis. «Ich möchte in «Primatsphäre» den fliessenden Übergang vom Privaten ins Öffentliche beleuchten. Also wie die Ideen und Meinungen von Menschen im privaten Kämmerlein entstehen und anschliessend an die Öffentlichkeit getragen werden», erklärt der Komiker. Dabei wird geflucht, gepoltert, gestikuliert und nicht nur Einkaufstouristen, Stammtischler, Tierhalter, fanatische Fliegenfänger oder ausländerfeindliche Vermieter kriegen ihr Fett weg. Simon Enzler taucht tief ins Schweizer Bünzlitum ein und zeigt auf, wie sich seine Karikatur ständig selber widerspricht, ohne es jemals zu bemerken. Wie gewohnt spielt Simon Enzler mit gängigen Klischees, enttäuscht bewusst Erwartungen des Publikums und widerspiegelt überspitzt, aber schonungslos das Schweizer Alltagsleben. Ganz egal, ob er dabei jemandem auf den Schlips tritt oder nicht. Ein Muss für jeden Satire-, Kabarett- oder Komikfan und eines sei vorab vom Künstler verraten: «Erst in der Zugabe kommt die Erleuchtung.»

29. Oltner Kabarett-Tage: 18. bis 28. Mai
Simon Enzler: Fr, 20. Mai, 20 Uhr, Stadttheater Olten

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