Die «Husi» haben nicht immer erste Priorität

Suvirr Malli Über das Pfingstwochenende organisiert der Schachklub Olten im Bahnhofbuffet das Finalturnier der Schweizer Jugend-Einzelmeisterschaft. Zu den Titelfavoriten zählt mit Suvirr Malli ein grosses Talent aus den eigenen Reihen.

Der Kantischüler Suvirr Malli verbringt viel Zeit vor dem Schachbrett, pflegt aber noch einige weitere Hobbys. (Bild: Achim Günter)
Der Kantischüler Suvirr Malli verbringt viel Zeit vor dem Schachbrett, pflegt aber noch einige weitere Hobbys. (Bild: Achim Günter)

Beim Abschied lächelt er verschmitzt, so wie er es oft tut. «Die ‹Husi› erledige ich möglichst rasch, um mich dann auf Schach fokussieren zu können.» Die «Husi» sind die Hausaufgaben. Und seine Aussage gilt in diesen Tagen noch mehr als ohnehin schon. Er trainiert fleissig. Denn über Pfingsten tritt der Oltner Kantischüler Suvirr Malli in der Kategorie U14 an der Schach-Schweizer-Meisterschaft an, als klarer Favorit; aufgrund seiner aktuellen ELO-Punkte ist er als Nummer 1 gesetzt.

Es wird ein Heimspiel werden für Suvirr Malli. Die Titelkämpfe finden im Oltner Bahnhofbuffet statt, und als Organisator zeichnet sein Klub verantwortlich, der Schachklub Olten. Diesem gehört der eben 14 Jahre alt gewordene Sohn indischer Eltern schon lange an. Für den Schachsport kann er sich bereits als kleiner Junge begeistern. Damals noch als Zuschauer bei Partien seines Vaters oder seines vier Jahre älteren Bruders. Mit fünf Jahren beginnt er selber zu spielen. Sein Talent wird rasch erkannt. Er tritt dem Schachklub Olten bei und trainiert seither intensiv. Meist im Selbststudium, indem er sich Schachliteratur zu Gemüte führt. Aber auch mit einem Trainer. Schon seit acht Jahren heisst dieser Oliver Angst, ein Klub- und aktuell auch ein Mannschaftskollege Suvirrs in der zweithöchsten Liga der Schweiz.

Angst, jetzt 21, empfindet es als vorteilhaft, nur ein paar Jahre älter als sein Schüler zu sein. «Dadurch kann ich ihn psychologisch gut erreichen.» Zu Beginn ihrer Zusammenarbeit sei Suvirr nicht das ganz grosse Talent gewesen. Dank seines Fleisses und seiner Disziplin habe sich das inzwischen geändert. «Er hört gut zu, ist bereit, Neues zu lernen und arbeitet viel im Selbststudium. Und er ist sehr selbstkritisch, das hilft ihm sicher enorm. Mental ist er schon sehr weit fortgeschritten.» Also ein sehr angenehmer Schüler? Angst lächelt: «Ich habe immer allen gesagt: Als Trainer kann man sich keinen besseren Schüler wünschen.»

Eindrücklicher Sieg an EU-Meisterschaft

Die Erfolge stellen sich rasch ein – auch national. Suvirr Mallis grösste Erfolge lesen sich schon mal nicht schlecht: 2019 Silber an der Schweizer Jugendmeisterschaft U10 und an der Schweizer Jugend-Rapidmeisterschaft U10, 2021 Bronze an der Schweizer Jugendmeisterschaft U12, 2022 Gold an der Schweizer Jugend-Rapidmeisterschaft U14 sowie Silber an der Schweizer Jugendmeisterschaft U14. Und ebenfalls im Vorjahr wird er als Schweizer Vertreter vom Schweizerischen Schachbund für die auf klassische Weise ausgetragene sogenannte EU-Meisterschaft in Österreich selektioniert – und triumphiert auch dort. «Die habe ich ziemlich überzeugend gewonnen», findet er. Auch das wird im Gespräch mit ihm immer wieder deutlich: An gesundem Selbstvertrauen fehlt es dem Teenager mit Wurzeln im südindischen Tamil Nadu nicht.

Seit einigen Monaten setzen Suvirrs Eltern neben Oliver Angst als Trainer zusätzlich auf einen in Deutschland lebenden ukrainischen Grossmeister. Der 36-jährige Konstantin Tarlev, derzeit auf Position 206 der Weltrangliste klassiert, unterrichtet seinen Oltner Schüler wöchentlich mittels Online-Schaltung. Das Hobby ihres Sohnes wird für seine Eltern also auch langsam kostspielig. Gegen seinen Vater tritt er übrigens nicht mehr an. «Ich wäre zu gut», sagt der 14-Jährige und ergänzt mit seinem verschmitzten Lachen: «Die Partien wären zu einseitig.»

Suvirr Malli kann es sich übrigens leisten, die «Husi», die Hausaufgaben, nicht immer zu priorisieren. Der Kantischüler schreibt fast ausnahmslos gute bis ausgezeichnete Noten. Seine Lieblingsfächer sind Mathematik, Physik und Informatik. Aber auch die Sprachfächer mag er sehr. Schon jetzt spricht oder lernt er neben seiner indischen Muttersprache Saurashtra auch Tamil, Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Und obwohl Schach ein zeitintensives Hobby ist, pflegt er noch einige weitere. Er spielt auch ambitioniert Tischtennis, liest gerne, spielt Klavier, löst Logikaufgaben.

Beim Finalturnier vom 26. bis 29. Mai werden im Oltner Bahnhofbuffet Schweizer-Meistertitel in den Altersklassen U16, U14, U12, U10 und U8 vergeben. Der Erwartungsdruck – eigener oder auch fremder – scheint Suvirr Malli keine Mühe zu bereiten. «Ich habe derzeit noch neutrale Gefühle. Aufgeregt bin ich zwar schon – es ist ja ein Final. Aber allzu viel Nervosität oder Angst kenne ich nicht. Immerhin bin ich der Favorit.» Ohnehin denke er noch nicht ans Resultat, sondern daran, wie er Partie für Partie das Beste geben könne, wie er sich bestmöglich vorbereiten könne.

Phasenweise tönt der Jungspund schon wie ein alter Routinier. Etwa wenn er sagt: «Es besteht immer die Gefahr, dass man denkt, man müsse gewinnen. Aber wenn die Stellung nichts verspricht, kann man auch mal ein Remis machen.» Wichtig sei, die Ruhe zu bewahren und nichts zu überhasten. Im 16er-Feld in der Kategorie U14 spielt jeder Akteur sieben Runden, derjenige mit der höchsten ELO-Zahl darf sich als Sieger ausrufen lassen.

«Ich wurde ja noch nie Schweizer Meister auf klassische Art. Das ist nun mein Ziel – das ich hoffentlich dieses Jahr schon erreiche. Und danach möchte ich mal an einer EM und WM teilnehmen und Titel anstreben.» Und dereinst will er auch FIDE-Meister (FM), Internationaler Meister (IM) und Grossmeister (GM) werden. «Es gibt immer ein Ziel, dem ich hinterherjagen kann.» Er macht unmissverständlich deutlich, wohin die Reise gehen soll: in Richtung Profikarriere. In ein paar Jahren will er mit dem Schachspielen Geld verdienen – neben einer sonstigen Erwerbsarbeit. Schon jetzt hat er konkrete Vorstellungen. «Ich möchte Schach nicht aufgeben nur wegen der Arbeit. Aber ich möchte auch nicht nicht arbeiten nur wegen Schach.»

Trainer Oliver Angst traut ihm eine Profikarriere unter gewissen Bedingungen zu: «Seine harte Arbeit kann ihn bis an die Spitze bringen. Aber das ist natürlich ein sehr weiter Weg.» Er müsse sich entscheiden, ob er dem Schachsport mehr Zeit einräumen oder aber weiterhin seine zahlreichen anderen Hobbys pflegen wolle. «Aber wenn er die richtigen Schritte macht, steht ihm nichts im Weg, einer der besten Schweizer Schachspieler zu werden.» Die internationale Spitze zu erreichen werde jedoch sehr schwierig. Da treffe er auf Konkurrenz, die sich seit frühester Jugend primär dem Schachsport widme.

Suvirr Malli hofft derweil darauf, noch in diesem Jahr vom Schweizerischen Schachbund erstmals für die EM oder sogar WM nominiert zu werden. «Ich bin ziemlich überzeugt, dass sie mich dieses Jahr wählen, ich bin ja aktuell die Nummer 1.» Da ist es wieder, das Selbstvertrauen. Und das verschmitzte Lächeln.

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