Der neue Richter

Ronny Rickli Wer ist der Mann, der im Sommer ­neuer ­Gerichtspräsident der Amtei Olten-Gösgen wird?

Ronny Rickli vor der Oltner Holzbrücke, deren Brand er 2018 als Staatsanwalt untersuchte. Seither hat die Stadt Olten auf der Brücke ein Rauchverbot erlassen. (Bild: Franz Beidler)
Ronny Rickli vor der Oltner Holzbrücke, deren Brand er 2018 als Staatsanwalt untersuchte. Seither hat die Stadt Olten auf der Brücke ein Rauchverbot erlassen. (Bild: Franz Beidler)

Den Wahlsonntag Mitte Februar erlebte er zuhause in Olten. «Ich verfolgte die Resultate im Internet», erinnert sich Ronny Rickli. An diesem Sonntag sollte der 41-Jährige zum neuen Gerichtspräsidenten der Amtei Olten-Gösgen gewählt werden. «Als feststand, dass es reicht, stiess ich schon mit einem Gläschen an», erinnert er sich. Gross feiern habe er noch mitten in den Coronabeschränkungen aber nicht können. Stattdessen hatte Rickli schon am Mittag eine Bolognese angesetzt. Zum Abendessen tischte er die mit Spaghetti seinen beiden Kindern und seiner Ehefrau auf. Er koche gerne.

Amtsgerichtspräsident zu werden, hatte Rickli schon zum Ziel, als er vor sieben Jahren als Staatsanwalt zum Kanton Solothurn wechselte. 2018 wurde er zum stellvertretenden Leitenden Staatsanwalt befördert. Als die bisherige Gerichtspräsidentin Eva Berset letztes Jahr ihren Rücktritt bekannt gab, wurde der SP-Sitz am Amtsgericht frei. Rickli, seit mehr als zwei Jahrzehnten in der SP, sah seine Chance. «Ich bin ein SP-Mann aus Überzeugung», sagt er. «Auch wenn ich nicht immer mit allem einverstanden bin, was sich meine Partei auf die Fahne schreibt.» Als die Meldefrist abgelaufen war, erkundigte sich Rickli beim Oberamt nach anderen Kandidaturen. Es gab nur seine. «Da fiel eigentlich die grössere Anspannung von mir ab als am Wahlsonntag.» Siegessicher war er trotzdem nicht. «Ich bin nicht abergläubisch, aber man weiss ja nie.»

Handwerkerfamilie in Niedergösgen

Rickli stammt aus einer Handwerkerfamilie in Niedergösgen. «Mein Grossvater ist Schreiner, mein Vater ist Schreiner, auch einer seiner Cousins sowie ein Onkel von mir sind Schreiner.» Er aber sei handwerklich völlig talentfrei. «Wenn etwas geflickt werden muss, dann rufe ich meinen Bruder an.»

So wollte Rickli im Kindergartenalter Astronaut werden, «wie so viele Buben», schiebt er nach. Der Schularzt jedoch schickte ihn eines Tages zum Augenspezialisten. «Der meinte dann, mit meinen Augen würde ich nicht einmal Pilot», erinnert sich Rickli. Seither trägt er eine Brille. Bald fand er einen neuen Berufswunsch: «Wohl etwa ab der dritten Klasse wollte ich Anwalt werden.»

Die Entscheidung hinterfragte er später nur einmal. Kurz bevor er zwanzig wurde, liebäugelte Rickli damit, ans Konservatorium zu gehen und Pianist zu werden, unterliess es aber. «Das war ein Kopfentscheid», sagt er heute. Nach dem Musikstudium wäre er nicht zum gefeierten Konzertpianisten geworden, sondern Klavierlehrer. Da ist sich Rickli sicher.

Dem Klavier ist er dennoch treu geblieben. Rickli spielt täglich. Russische Spätromantik möge er am liebsten. «Rachmaninov, aber auch Prokofjew und Skrjabin», gerät er ins Schwärmen. Schumann und Chopin möge er auch, aber letzterer passe ihm nicht in die Hände. «Alles emotionale Musik», resümiert er. «Ich bin eigentlich ein melancholischer Mensch. In dieser Musik lebe ich das aus.»

«Ich stosse mich an Ungleichbehandlung»

Der SP trat Rickli bei, kurz nachdem er stimmberechtigt wurde. Er unterhalte sich gerne über Politik, und seine Weltanschauung decke sich am ehesten mit jener der SP. «Ich stosse mich an Ungleichbehandlung.» Ein Weltverbesserer sei er aber nicht.

«Triebfeder war das Lokale», erklärt Rickli. So wurde er ab 2001 zuerst Ersatz- und ab 2005 dann vollwertiger Gemeinderat von Niedergösgen. Ausserdem wurde er Präsident der ortseigenen Partei. «Zur gleichen Zeit war mein Vater Präsident der örtlichen SVP», sagt Rickli und lacht. Er habe ein gutes Verhältnis zur Familie. «Auch wenn bei den politischen Diskussionen manchmal die Fetzen fliegen.»

2007 zog Rickli nach Olten und musste als Gemeinderat von Niedergösgen demissionieren. Der Lokalpolitik verschrieb er sich auch am neuen Wohnort. Er wurde Teil der Kommission für öffentliche Sicherheit und später des Oltner Wahlbüros. Dem gehört er bis heute als Vizepräsident an.

Professionelle Distanz

«Man muss aufpassen, dass dieser Job einen nicht verroht», blickt Rickli auf seine insgesamt 14 Jahre in der Strafverfolgung zurück. Ihm sei es glücklicherweise immer gut gelungen, eine professionelle Distanz zu wahren. «Wie genau, weiss ich eigentlich auch nicht», sinniert Rickli. «Humor ist sicher wichtig.»

Strafverfolger bekämen so einiges zu sehen. So ist Rickli denn auch überzeugt: «Jeder Mensch hat Gutes und Böses in sich. Und bei manchen nimmt das Böse überhand.» Da sei es einfach, Vorurteilen zu verfallen. «Deshalb hinterfrage ich immer meine Denkweise.»

Das tut Rickli auf seinen Joggingrunden. «Vier Einheiten pro Woche», erklärt er seinen strikten Trainingsplan. «So muss ich nie überlegen, was ich denn nun machen muss.» Es kommt oft vor, dass sich Rickli an einem Sonntagmorgen in der Früh, «je wärmer die Jahreszeit, desto früher», für eineinhalb oder gar zwei Stunden zum Joggen aufmacht. «Ich mag die Einsamkeit», sagt er. «Dazu kann ich meine anspruchsvolle Musik hören.» Neben Symphonien und Klavierkonzerten meint Rickli damit auch Death oder Black Metal. «Nicht die Texte, aber die Musik spricht meine intellektuelle Seite an.» Dass er Metal möge, überrasche viele, sagt Rickli. «Dabei ist es ja auch einfach Musik.»

Seitenwechsel als Herausforderung

«Ich wechsle eigentlich die Seite», nennt Rickli die grösste Herausforderung seiner neuen Aufgabe. Als Strafverfolger musste er Partei ergreifen. «Nun muss ich entscheiden, ob ein Sachverhalt gegeben ist oder nicht.»

Er freue sich aber darauf, auch weil er sich nach den Jahren mit dem Strafrecht nun mit dem Zivilrecht wird beschäftigen müssen. «Das mochte ich schon an der Uni.» Da komme noch viel Recherchearbeit auf ihn zu. «Die Feinheiten davon muss ich mir noch aneignen.» Dazu steht Rickli auch bereits mit seiner Vorgängerin in Kontakt. Sie wird er auch in Zukunft um Rat fragen können.

Ansonsten werde er wohl weiterhin den grössten Teil seiner Arbeitszeit mit Lesen verbringen. «Verträge, Einvernahmen, Gutachten, Rapporte, Anzeigen, Eingaben», zählt er auf. Das werde auch im neuen Amt so bleiben.

Nicht zuletzt fühlt sich Rickli der Region verpflichtet. «Ein Gericht kümmert sich um das friedliche Zusammenleben. Es ist mir wichtig, in der Region, in der ich mein Leben verbringe, etwas dazu beizutragen.»

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