Der Kümmerer

Energie, Klima, Umwelt Seit dem 1. Juli 2022 kümmert sich in der Stadt Olten wieder jemand um Umweltanliegen. Daniel Lehmann hat viel Arbeit vor sich.

Im zehnten Stock des Stadthauses geniesst Oltens Umweltbeauftragter Daniel Lehmann Pollheimer viel Weitblick. (Bild: Achim Günter)
Im zehnten Stock des Stadthauses geniesst Oltens Umweltbeauftragter Daniel Lehmann Pollheimer viel Weitblick. (Bild: Achim Günter)

Daniel Lehmann Pollheimer ist privilegiert. Und er ist sich dessen bewusst. Wenige Personen auf der Lohnliste der Stadt Olten haben einen derart schönen Arbeitsplatz wie der bald 54-Jährige. Im zehnten Stock des Stadthauses empfängt er zum Gespräch, mit Blick auf die Martinskirche, Olten SüdWest und die nahen Jurahöhen etwa. «Wer sonst hat eine solche Aussicht? An meinem vorherigen Arbeitsplatz blickte ich in einen Hinterhof», sagt der dreifache Familienvater mit einem Schmunzeln. Auch beim Erfüllen seiner Aufgabe gilt es, sich einen Überblick zu verschaffen und die Übersicht nie zu verlieren. Sein Tätigkeitsfeld ist ein breites, spannendes, an Herausforderungen reiches.

Seit fast sieben Monaten ist der in Riehen wohnhafte Berner im Amt als Fachstellenleiter Energie, Klima, Umwelt der Stadt Olten. Bis 2014 verfügte die Stadt Olten schon mal über eine Umweltfachstelle. Diese fiel dann jedoch dem Sparhammer zum Opfer. Erst im vergangenen Sommer wurde wieder eine Stelle geschaffen, die sich um Umweltanliegen kümmert – breiter aufgestellt allerdings als einst. In den vergangenen acht Jahren hätten die operativ Verantwortlichen diverser Bereiche zwar darauf geachtet, dass die Richtung stimme. «Aber es gab keinen Kümmerer, niemanden, der die Massnahmen in Bezug zueinander gestellt hätte.» Ebendies sieht er als eine seiner Hauptaufgaben. Ein Kümmerer, ein Dienstleister sein im Sinne der Umwelt und des Klimaschutzes.

Zu Beginn habe er ganz viele Programme gesichtet, die noch nicht gestartet worden seien und sich teilweise auch überschnitten hätten. «Meine erste Aufgabe war es nun, diese zu strukturieren und zu fokussieren.» Lehmanns Tätigkeitsfeld umfasst zwei Hauptstossrichtungen: zum einen will die städtische Verwaltung bis 2040 netto keine CO₂-Emissionen mehr ausstossen (Netto-Null-Ziel), zum anderen das Label «Energiestadt Gold» erreichen.

Bereits erste Spuren hinterlassen

Das Reinarbeiten, das Reinlesen habe eine Menge Zeit in Anspruch genommen, erklärt der in einem 80-Prozent-Pensum tätige Lehmann. «Und ich bin nicht angetreten mit der Idee, hierher zu kommen und allen gleich zu sagen, was Sache ist», sagt er lachend. Es gehe in der ersten Phase vor allem darum, die relevanten Personen kennenzulernen, Vertrauen zu schaffen, die Prioritäten zu definieren. Dennoch habe er schon Konkretes bewirken können. Bei den städtischen Massnahmen im Zuge der Energiemangellage habe er direkt Einfluss genommen, etwa bei der Absenkung der Raumtemperatur. Da habe die Stadt einerseits eine Vorbildfunktion, andererseits gehe es dabei um handfeste Einsparungen beim Energieverbrauch. Zahlen hierfür lägen zwar noch keine vor. Lehmann meint aber: «Es sieht so aus, dass wir namhafte Einsparungen machen konnten. Und ich glaube nicht, dass wir diese im nächsten Jahr alle wieder über Bord werfen werden.»

Dem Geografen, der auch Studienabschlüsse in Soziologie und Geologie aufweist, wird es in den kommenden Jahren nicht an Arbeit mangeln. Alleine das Netto-Null-Ziel umfasst elf verschiedene Projekte. Erfolgsversprechend seien vor allem Massnahmen im Bereich Gebäudeeffizienz und Wärmeversorgung. Dasselbe gelte auch für die Verbesserung der Klimabilanz der gesamten Stadt Olten. In Olten wird zu über 95 Prozent mit Öl oder Erdgas geheizt. Diese Daten stammen von 2010, neuere existieren nicht. Grundlegend gewandelt hat sich das Blatt seither nicht. «Bis vor zwei Jahren fuhr der Oltner Energieversorger eine Gasstrategie», weiss Lehmann.

Die Frage, wo wie geheizt werden soll, soll bald auch wieder in einem Energierichtplan festgehalten werden. Ein solcher fehlt momentan. «In diesem Bereich müssen wir jetzt eben nicht Gas geben, sondern Gas wegnehmen», kalauert Lehmann. Mit dem städtischen Energieversorger aen/sbo sei baldmöglichst zu entscheiden, in welchen Gebieten thermische Netze errichtet werden sollen. Grundsätzlich verfügten sie als Stadt aber nur über wenig Möglichkeiten, «extrem schnell» Massnahmen umzusetzen. Via Verbote ohnehin nicht, allenfalls mittels Fördermassnahmen. Lehmann betont in diesem Zusammenhang die grosse Wichtigkeit der nationalen und insbesondere auch der kantonalen Gesetzgebung.

Innerhalb der Stadtverwaltung würden aber schon heute «viele tolle Sachen» gemacht, findet Lehmann. Er will dieses Löbliche künftig vermehrt unter die Leute bringen. Gleichzeitig werde er sich auch dafür einsetzen, dass demnächst auf der Website der Stadt Olten Verhaltenstipps online gestellt werden – so dass die einfachen Regeln, die unserem Klima zugutekommen, hier für Interessierte und Engagierte verfügbar seien.

Umweltbewusst, aber pragmatisch

Vor dem Amtsantritt in Olten war Lehmann mehr als ein Jahrzehnt beim Schweizerischen Verband für Kommunale Infrastruktur tätig und betreute bei diesem als Berater dieselben Themen wie nun in Olten. «Nach zehn Jahren hatte ich Lust, mal vor Ort etwas aufzugleisen und durchzuziehen.»

Für ihn persönlich geniesse die Umweltthematik schon seit langem eine «hohe Priorität». Er habe noch nie ein Auto besessen, esse wenig Fleisch, brauche wenig Wohnraum. «Aber ich plädiere nicht für den steinzeitlichen Konsumverzicht. Wenn ich etwas transportieren muss, miete ich ein Auto – und habe dabei auch kein schlechtes Gewissen.» Auch nicht, wenn es mal mit dem Flugzeug in die Ferien gehe.

Daniel Lehmann ist kein fundamentalistischer Eiferer, sondern mehr ein Pragmatiker. Er ist überzeugt, dass für die Sache der Umwelt nicht durch Moralisieren, sondern durch Chancenorientierung, durch Information, durch Vorleben am meisten zu erreichen ist. «Ich glaube an gute Lösungen, die eine positive Wirkung haben. Man kann sehr viel gewinnen – auch finanziell.»

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