Bildgewaltiges Spektakel

Heinz Winter gewährt dem Publikum in seinem Film einen einzigartigen Einblick hinter die Kulissen der Karl’s kühne Gassenschau. Auf die Idee kam der gebürtige Fricktaler, während er in Olten Getränke servierte.

Jeweils um 18 Uhr flimmert im Kino Lichtspiele der eindrückliche Film «Mikrokosmos Gassenschau» über die Leinwand. jpi)
Jeweils um 18 Uhr flimmert im Kino Lichtspiele der eindrückliche Film «Mikrokosmos Gassenschau» über die Leinwand. jpi)

Heinz Winter reist mit seinem Koffer, bepackt mit seinem aktuellen Dokumentarfilm «Mikrokosmos Gassenschau» und dem entsprechenden Werbeplakat, von Kino zu Kino. Der Filmemacher ist sein eigener Verleiher, Produzent, Regisseur und Kameramann.

Am 5. September verliess der Wahlzürcher den Zug in Olten. Sein Dokumentarfilm gastiert, nach der erfolgreichen Premiere im Kurtheater Baden, bis am 23. September im Kino Lichtspiele. Danach geht die Reise weiter nach Frick, Winterthur und ab dem 25. September ist der Film zeitgleich auch in der Westschweiz zu sehen. «Vielleicht kommen noch weitere Kinos hinzu. Ich hatte noch keine Zeit bei allen anzufragen», erzählt Winter. Die Grundlagen des filmischen Handwerks erlernte der 38-Jährige an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) im Kurs «Neue Medien». Die 80-minütige Produktion ist der zweite Film von Winter. Drei Jahre investierte er in seinen Streifen, der als Koproduktion mit dem SRF realisiert wurde. Dies ist doppelt so lange, als ursprünglich geplant war. «Aufgrund von konzeptuellen Änderungen und inhaltlichen Vertiefungen benötigte ich mehr Zeit. Hinzu kam, dass ich alles alleine produzierte und das professionelle Handwerk während des Drehs und der Montage erlernte – ‹Learning by Doing› sozusagen», begründet Winter. Mit seinem Dokumentarfilm ist der Allrounder zufrieden: «Der Aufwand hat sich gelohnt. Die Story spricht an und das Publikum erkennt, dass viel Engagement dahintersteckt.»

Jenseits vom Applaus

Mit «Mikrokosmos Gassenschau» ermöglicht Winter den Zuschauern einen direkten Zugang zum Alltagsgeschehen hinter die Kulissen von Karl’s kühne Gassenschau (KKG). Die Aufnahmen könnten authentischer nicht sein: Winter wohnte ein halbes Jahr mit den rund 60 Mitarbeitern des Theaters und des Caterings in der Wohnwagenstadt als KKG in St. Triphon (VD) gastierte und arbeitete nebenbei im Gastrobereich. «Anfänglich musste ich mich überwinden, die Protagonisten hautnah zu filmen. Anderseits musste sich das KKG-Team daran gewöhnen, nahezu immer gefilmt zu werden», erzählt er. Mit der Zeit fühlte sich Winter wohl in seiner «Paparazzi-Rolle» und seine Protagonisten vergassen, dass sie auch neben der Bühne Hauptrollen spielten.

«Die zündende Idee hatte ich in Olten»

Heinz Winter kannte das Leben abseits des Spektakels bereits vor seinen Dreharbeiten. Er arbeitete im Jahr 2009 im Catering als «Silo 8» in Olten aufgeführt wurde. Bei Sonne, Regen und Sturm seien der tägliche Spielbetrieb und das Zusammenleben auf engem Raum eine grosse Herausforderung. Ihn faszinierte, wie es den Menschen immer wieder gelang, trotz Schwierigkeiten und Konflikten, den täglichen Umgang und das gemeinsame Arbeiten zu kultivieren. Zudem schrieb Karl’s kühne Gassenschau Theatergeschichte: In den Achtzigerjahren als kleiner Strassenzirkus gestartet, hat das Spektakel heute eine Dimension erreicht, die kaum mehr zu toppen ist. «Am Ende der Saison in Olten wusste ich: Dies will ich dokumentieren.» Heinz Winter teilt die Lebensphilosophie aus den Achtzigerjahren und schätzt es, dass diese trotz kommerzieller Dimension bei KKG erhalten blieb. «Für meine dokumentarische Arbeit ist es mir wichtig, dass ich einen eigenen Bezug zum Thema und das Vertrauen der Protagonisten habe», so Winter, der selbst gerne kreativ tätig ist.

Hoch und Tiefs

Die grösste Herausforderung war sich immer wieder zu ermutigen, darauf zu vertrauen, dass der Film gut wird. «Als Musiker sah ich nach jedem Konzert die Reaktion der Zuschauer, als Filmemacher erhält man die Rückmeldung des Publikums erst am Ende der Produktion – also bei mir nach drei Jahren Arbeit», erzählt Winter, der zehn Jahre als Musiker unterwegs war. Zudem erhielt er die definitive Zusage für die Finanzierung des Films erst während der Dreharbeiten. Deshalb musste Winter seinen Dokumentarfilm mit einem niedrigen Budget realisieren. Existenzängste hatte er aber keine: «Ich benötige auch privat sehr wenig finanzielle Mittel, um glücklich zu sein.»

Sein Ziel ist, dass er sich zukünftig bei eigenen Projekten vermehrt auf die kreativen Arbeitsprozesse konzentrieren und andere Aufgaben delegieren kann. Er ist auf bestem Weg dazu. Da das SRF noch keinen Sendetermin geplant hat, kann er sich auf eine lange Spielphase in den Kinos freuen. Die Kritiken sind bis jetzt ausgezeichnet.

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