Ab in den Unruhestand

Stadtpräsident Ernst Zingg wird morgen, anlässlich der 1. August-Feier, sein Amt als Stadtpräsident an seinen Nachfolger Martin Wey übergeben.

Ernst Zingg gibt morgen die Verantwortung für die Stadt Olten ab. Er wird sich aber auch in Zukunft mit der Stadt freuen und mit ihr leiden. mim)
Ernst Zingg gibt morgen die Verantwortung für die Stadt Olten ab. Er wird sich aber auch in Zukunft mit der Stadt freuen und mit ihr leiden. mim)

Man hätte aufgrund der bevorstehenden Amtsübergabe letzte Woche stapelweise Kisten erwarten können, nicht so bei Ernst Zingg: «Jeden Tag investiere ich eine halbe Stunde in die Räumungsarbeiten.» Der noch amtierende Stadtpräsident macht einen zufriedenen und mit dem eher unüblichen T-Shirt entspannten Eindruck. «Ich fühle mich sehr gut, denn ich habe einerseits im Medizincheck gut abgeschnitten und freue mich andererseits auf den neuen Lebensabschnitt.» Die vergangenen 16 Jahre seien eine gute Zeit gewesen, trotzdem freue er sich, die Verantwortung für die Stadt abgeben zu können.

«Nach 2014 geht es wieder aufwärts»

Er erinnere sich gut an den Wahlsonntag am 6. Juni 1997 zurück, als er vom Gemeinderat direkt zum Stadtpräsidenten gewählt wurde. «Gemeinsam mit der Familie und Nachbarn sass ich zu Hause und wartete nervös auf das Resultat. Später fand eine Wahlparty im Restaurant Kreuz statt.» Am Montag sei er wie üblich zur Arbeit in die Amtsschreiberei Olten-Gösgen-Gäu zurückgekehrt. Da Zingg sich für das neue Amt gut vorbereiten wollte, besuchte er bis zum Amtsantritt jede Woche seinen Vorgänger Philipp Schumacher. In den folgenden Jahren als Stadtpräsident gab es Höhen und Tiefen. «Ich war und bin ein schlechter Verlierer, aber als Politiker musste ich lernen, Niederlagen zu akzeptieren. Weh tat auf jeden Fall die misslungene Fusionsabstimmung. Dabei schmerzte mehr der Umgangston mit den Nachbarsgemeinden als die eigentliche Niederlage», betont Zingg und auch Olten SüdWest habe ihm 2009 bei der Wiederwahl viele Stimmen gekostet, ist er sich bewusst. Stadtpräsident zu sein, habe er trotzdem nie bereut. Dies waren für Zingg die zwei negativsten Punkte neben unzähligen erfolgreichen Projekten und vielen spannenden Begegnungen. Ist es belastend in dieser finanziellen Lage die Stadt einem Nachfolger zu übergeben? «Selbstverständlich wäre es schön, wenn die Finanzen besser wären, aber wir hatten fette Jahre, in welchen wir Reserven bilden konnten.» Das Ausbleiben grosser Steuereinnahmen sei nicht voraussehbar gewesen, obwohl regelmässige Gespräche mit der Firma Alpiq stattgefunden hätten. «Ich bin überzeugt, dass es nach 2014 finanziell wieder aufwärtsgeht, so lang gilt, es nun die Durststrecke zu überwinden.»

Schöne Zeiten in Montreux

Im jugendlichen Alter wollte Zingg als Lehrer oder beim Berufsmilitär tätig werden. «Ich bin in einer politischen Familie gross geworden, trotzdem hätte ich mir damals nicht vorstellen können, einmal als Stadtpräsident im Amt zu sein.» Zingg absolvierte seine Verwaltungslehre in der Gemeinde Buchs (AG) und lebte danach fünf Jahre in Montreux, wo er im Tourismusbereich arbeitete. «Es war eine tolle Zeit. Erstmals erlebte ich Mahalia Jackson auf der Bühne des Montreux Jazz Festivals und Ray Charles querte meinen Weg.» Zingg war bereits damals ein begeisterter Fussballer und noch heute ist er Mitglied des FC Kantonsrat. «Als ich meine zweite Ausbildung als Notar absolvierte und viel vor den Büchern sass, suchte ich nach einer neuen, sportlichen Betätigung. Freunde rieten mir, ein Rennvelo zu kaufen. Als Zingg sein Amt als Stadtpräsident antrat, erfolgte der Wechsel zum «Wassermenschen». «Bei Hitze und Regen absolviere ich täglich mit Gleichgesinnten frühmorgens meine Bahnen in der Badi. «Ich wurde mehrmals gefragt, ob ich denn auch weiterhin, nach meiner Amtsabgabe, um diese Zeit die Badi besuche - natürlich, das ist Ehrensache!»

Keine Angst vor Langeweile

Wer jedoch befürchtet Ernst Zingg könnte sich nach dem 1. August langweilen, kann beruhigt sein. Das Amt als Kantonsrat, die Tätigkeit als Präsident des Regionalvereins Olten-Gösgen-Gäu, sein vorübergehendes Engagement beim Verein Aareland, die Verwaltungsratsmandate etc. und nicht zuletzt seine Notariatsdienstleistungen werden den einstigen Stadtpräsidenten auch in Zukunft auslasten. «Mit all diesen Ämtern und Aufgaben verpflichte ich mich auch weiterhin für die Region und Stadt Olten.» Ausserdem wird er für das Jahr 2015 zum Kantonsratspräsidenten gewählt. Aber ja, er habe sich durch Zeit und Gespräche mit der Familie und Kollegen auf den neuen Lebensabschnitt, den Unruhestand, wie ihn Zingg bezeichnet, vorbereiten müssen. «Nun kann ich aber selbst über meinen Zeitplan bestimmen», freut sich Zingg. Mehr Sport stehe auf dem Programm, damit das verletzte Bein wieder vollkommen gesund werde, und Reisen in der Schweiz seien vorgesehen. Daneben habe er viele Bücher, die er noch lesen möchte, denn Biografien haben es dem 62-Jährigen angetan. «Und», fügt er an, «vielleicht besuche ich auch einen Spanisch-Sprachkurs oder verbessere meine Englischkenntnisse.»

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